Zeichen einer neuen Zeit

Der deutsche Spielfilm mit dem markanten Titel «Systemsprenger» fesselt die Zuschauerinnen und Zuschauer von Anfang bis Schluss und weckt unglaublich viel Empathie für Bennie, ein traumatisiertes Mädchen, gespielt von der 11jährigen Helena Zengel, das mit seiner unbändigen Energie, die sich so oft in Gewalt entlädt, alle überfordert: die Frau vom Jugendamt, die Betreuer auf den diversen Wohngruppen, die Kinder- und Jugendpsychiaterin, den Anti-Gewalttrainer – und vor allem die Mutter. Benni ist eine «Systemsprengerin». Doch was ist das, eine «Systemsprengerin»? «Damit», so die Regisseurin Nora Fingscheidt, «ist ein Kind gemeint, für das die Kinder-und Jugendhilfe keinen Platz findet. Ein Kind, das überall rausfliegt und von einer Institution in die nächste muss. Doch leider sprengen sie das System nicht. Das besteht schön weiter.»

(W&O, 3. Oktober 2019)

Ein bemerkenswerter Film: Jugendliche Rebellion und die Lust am Widerstand, lange verpönt, systematisch bekämpft und durch Therapien aller Art ruhig gestellt, wird auf einmal zum Hauptthema – und die Sympathien sind nicht auf der Seite des Systems, sondern auf der Seite der «Systemsprengerin». Eine junge Frau führt Regie. Und ein 11jähriges Mädchen spielt die Hauptrolle – so überzeugend und leidenschaftlich, dass den Zuschauerinnen und Zuschauern förmlich der Atem stillsteht. Fühlen wir uns nicht an Greta Thunberg erinnert und an all die tanzenden, singenden und schreienden Kinder und Jugendlichen, die sich an den Klimastreiks beteiligen? So wie Benni im Film «Systemsprenger» ihren Kopf an der Türe der Jugend- und Sozialämter einschlägt, so rennen die «Klimajugendlichen» gegen das Machtsystem der weltweit miteinander verschworenen kapitalistischen Eliten an. Zeichen einer neuen Zeit. So wie das Ende des Patriarchats, so ist auch der Aufstand der Kinder und Jugendlichen ein historischer Zeitensprung, der sich nicht mehr aufhalten lässt…