Zankapfel Taiwan: Krieg als Instrument zur Lösung zwischenstaatlicher Konflikte muss ein Ende haben

 

Seit 40 Jahren sei das Verhältnis zwischen China und den USA noch nie so schlecht gewesen wie heute, schreibt der “Tagesanzeiger” am 17. November 2021. Einer der Hauptstreitpunkte ist das Verhältnis zwischen dem Inselstaat Taiwan und China. Seit Jahren steht Taiwan unter wachsendem politischen und militärischen Druck Chinas, welches die Vereinigung des Inselstaates mit China fordert. Ein, wie Chinas Staatschef XI Jinping sagt, “historisch unabwendbarer” Schritt, der notfalls auch mit Gewalt durchgesetzt würde. Auf der anderen Seite die USA, die an einem 1979 vereinbarten Gesetz festhalten, wonach sich die USA der Verteidigungsfähigkeit von Taiwan verpflichtet haben. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder lassen die beteiligten Staaten den Konflikt eskalieren – mit dem Risiko, dass es zu einem kleineren oder grösseren Krieg kommt, mit möglicherweise unabsehbaren Folgen. Oder die beteiligten Regierungen setzen sich zusammen an den Verhandlungstisch und setzen alles daran, den Konflikt friedlich zu lösen. Könnte das nicht eine Aufgabe für die Schweiz sein? Wir rühmen uns ja stets unserer vielgepriesenen Neutralität – da würde doch nichts näher liegen, als diesen Status dafür zu nutzen, verfeindete Mächte zum gemeinsamen Gespräch einzuladen, ohne Partei der einen oder anderen Seite zu sein. Doch wie auch immer, ob die Schweiz ihre guten Dienste nun anbietet oder nicht: Wann endlich kommen die Mächtigen dieser Welt zur Vernunft? Hat Krieg jemals auch nur ein einziges zwischenstaatliches Problem so gelöst, dass es den betroffenen Menschen besser ging als zuvor? Wann endlich wird das, was in jeder Familie das Selbstverständlichste ist, nämlich, dass man Konflikte nicht mit Gewalt, sondern mit Worten zu lösen versucht, auch zur Selbstverständlichkeit im Verhältnis zwischen Ländern und Völkern? Wie können wir es zulassen, dass jährlich Hunderte von Milliarden Dollar für Waffen ausgegeben werde, während eine Milliarde Menschen nicht einmal genug zu essen haben? Artikel 2 Nr. 4 der UN-Charta lautet: “Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit eines Staates gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt.”
Wie viel Wert ist denn das Papier, auf dem die Erklärungen der UNO über Jahrzehnte hinweg festgeschrieben wurden? Von der Steinzeit bis in unsere heutige Zeit haben Kriege unermessliches Leiden über die Menschheit gebracht, mit schlimmsten Folgen über Jahrhunderte und Generationen hinweg. Bis sich heute noch zwei Grossmächte gegenüberstehen, bis an die Zähne bewaffnet, zwei Grossmächte, die es in der Hand haben, entweder die Geschichte der Kriege blindlings weiterzuverfolgen und im aller schlimmsten Fall einen Dritten Weltkrieg auszulösen, der möglicherweise das Ende der Menschheit bedeuten könnte. Oder sie haben es in der Hand, das Steuer herumzureissen und einer neuen Ära den Weg zu öffnen, in der Krieg als Mittel der Konfliktlösung endlich ein Ende hätte. Das ist so etwas wie ein Kipppunkt. Er setzt voraus, dass zwei Männer, die weitgehend immer noch ganz ähnlich denken, wie Männer schon seit Menschengedenken gedacht haben, sich inspirieren lassen von einem neuen Geist, von all den über Jahrhunderte für Frieden und die Abschaffung der Armeen kämpfenden Pazifistinnen und Pazifisten, von Künstlern und Schriftstellerinnen, von den Jugendlichen, die für eine gerechtere und friedlichere Zukunft auf die Strasse gehen, von den Kindern, die alle schon bei ihrer Geburt für eine Welt voller Liebe und Frieden träumen. “Erst wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet, wird es Frieden geben,” sagte Jimi Hendrix. Und offensichtlich hatte auch Martin Luther King den historischen Zeitpunkt vorausgesehen, an dem wir uns heute befinden: “Entweder”, sagte er, “werden wir als Brüder und Schwestern gemeinsam überleben, oder aber als Narren miteinander untergehen.”