Wunschberuf oder Knochenjob?

Zahlen der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa OECD zeigen: Junge Menschen im Alter von 17 bis 18 Jahren interessieren sich häufig  für Jobs, die in der modernen Arbeitswelt gar nicht gefragt sind. So streben etwa mehr als 15 Prozent der Jugendlichen eine Karriere im Kultur-, Medien- und Sportbereich an – obwohl sich die Zahl der in diesen Sektoren benötigten Personen bis 2014 drastisch reduzieren wird. «Es existiert ein Missmatch zwischen den Berufsvorstellungen der Jungen und der Realität», hält Andreas Schleicher, Chef für den Bereich Bildung und Fähigkeiten bei der OECD, fest.

(Tages-Anzeiger, 25. Januar 2019)

Das ist eine Realität: Es gibt so und so viele künstlerisch und sozial begabte junge Menschen, die nicht in die «kalte», hektische und fremdbestimmte kapitalistische Arbeitswelt hineinpassen oder im schlimmsten Fall sogar an ihr zerbrechen. Gibt es – so lange sich die kapitalistische Arbeitswelt nicht von Grund auf ändert – eine kurzfristig umsetzbare Lösung dieses Problems? Eine Lösung könnte vielleicht darin liegen, dass jeder Mensch zu 50 Prozent in seinem «Traumberuf» tätig sein könnte und zu 50 Prozent in einem Beruf, der für das Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft unerlässlich ist. Der halbtags als Videokünstler Tätige würde dann zum Beispiel während des anderen halben Tages bei der Kehrichtabfuhr arbeiten, und so weiter. So wären alle zufrieden und dennoch würde die Arbeitswelt nicht stillstehen. Ist die heutige kapitalistische Arbeitswelt sehr ungerecht – viele Menschen können zu 100 Prozent in ihrem Wunschberuf arbeiten, viele andere sind dazu verdammt, eine Tätigkeit auszuüben, die ihnen überhaupt keine Freude bereitet und sie krank macht -, so wäre diese alternative Arbeitswelt ungleich viel gerechter, könnten doch alle Menschen mindestens während der halben Arbeitszeit eine Tätigkeit ausüben, die ihnen Freude macht, um dann eben während der übrigen Zeit einen vielleicht auch mühsamen und unangenehmen Teil der gesellschaftlich notwendigen Arbeit mitzutragen.