Henrik Nordborg glaubt nicht daran, dass sich Wirtschaftswachstum und Klimaschutz unter einen Hut bringen lässt. Der Klima-Professor von der Hochschule für Technik Rapperswil HSR sagt: «Global gesehen sind der CO2-Ausstoss und die Wirtschaftsleistung gekoppelt.» Jede Tonne CO2 erhöhe das weltweite Bruttoinlandprodukt um etwa 2800 Dollar. Laut dem Physiker hat sich seit dem Auftauchen von Klima-Aktivistin Greta Thunberg zwar vieles verändert. Auch Aktionen wie jene von Extinction Rebellion begrüsst er. Die Politik reagiere jedoch viel zu langsam auf die Erwärmung der Erde: «Wir steuern auf eine Katastrophe zu.» Junge Menschen würden sich darum so für das Klima einsetzen, weil sie wüssten, dass sie sonst sterben müssten. Einen Ausweg sieht Nordborg darin, dass die Bevölkerung den Konsum massiv herunterfährt: «Wir brauchen einen Konsumstreik. Heute arbeiten wir, um immer mehr zu konsumieren. Aus diesem Hamsterrad müssen wir ausbrechen. Wenn die Leute nicht mehr fliegen, keine neuen Autos mehr kaufen, kein Fleisch mehr essen oder nicht dauernd neue Kleider kaufen, hat das die direkteste Wirkung aufs Klima.» Auch einfach auf E-Autos umzustellen, sei nicht die Lösung. Diese seien zwar schön und gut, doch deren Herstellung verschlinge ebenfalls Energie. Dabei sei ein Konsumstreik vollkommen legal: «Es ist nicht illegal, einfach zu Hause zu bleiben.» Hörten hinreichend viele Menschen auf, zu konsumieren, würden viele Geschäftsmodelle nicht mehr funktionieren: «Eine Airline kriegt schnell Probleme, wenn die Auslastung sinkt. Es ist nicht so, dass Konsumenten keine Macht haben.»
Vielleicht ist das der beste und wirkungsvollste Weg zur längst fälligen Überwindung des Kapitalismus, zum Aufbau eines neuen, nicht mehr an Profit und Wachstum, sondern am elementaren Wohl von Mensch und Natur orientierten Wirtschafts- und Gesellschaftssystems.