Wenn man den Reichtum bekämpft, dann verschwindet die Armut ganz von selber

 

Schweizer Fernsehen SRF1, 4. Februar 2021, Dokumentarfilm “Die Schere – Der Graben zwischen Arm und Reich”. Eindrücklich werden eine alleinerziehende Mutter, eine Mittelstandsfamilie und ein Unternehmer, der zu den 300 reichsten Schweizern gehört, porträtiert. Das Fazit: Die Schere zwischen Arm und Reich war schon vor der Coronakrise gross und hat sich im Verlaufe der Pandemie noch weiter vergrössert. Das zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die 300 reichsten Schweizerinnen und Schweizer im Verlaufe des Jahres 2020 noch einmal um 7 Milliarden Franken reicher geworden sind und nun insgesamt 709 Milliarden Franken besitzen, eine Summe, die genügen würde, den Gotthardbasistunnel nicht weniger als 58 Mal zu bauen! “Wer keine Aktien und keine Immobilien hat, der schaut in die Röhre”, sagt der Unternehmer. Tatsächlich: Die Reichsten der Reichen sind vor allem deshalb so reich, weil sie viel geerbt haben oder sich mittels Aktien oder dem Besitz von Immobilien bereichern konnten. An dieser Stelle hätte der Film allerdings noch um einiges weiter in die Tiefe gehen können. Denn dass es Arme und Reiche gibt und die Reichen immer reicher werden, während die Armen arm bleiben oder sogar noch ärmer werden, das ist alles andere als ein Zufall. Es ist die unausweichliche und logische Folge des kapitalistischen Geld- und Wirtschaftssystems, das auf einer permanenten Umverteilung des Reichtums von den Arbeitenden zu den Besitzenden beruht. Die Armen sind deshalb so arm, weil die Reichen so reich sind – und umgekehrt. Denn das Geld wächst weder auf Bäumen, noch findet man es in den Muscheln irgendwo auf dem Meeresgrund. Das Geld wandert unaufhörlich aus den Taschen der Armen in die Taschen der Reichen, aus den Händen derer, die arbeiten, in die Hände derer, die besitzen, verwalten und organisieren. Jeder Franken, um dessen Wert hier und heute eine Aktie gestiegen ist, stammt ursprünglich aus konkreter Arbeit irgendwo an einer Werkbank, auf einem Baugerüst oder in der Küche eines Restaurants. Nur weil der arbeitende Mensch für seine Arbeit weniger Lohn bekommt, als seine Arbeit eigentlich wert wäre, ist es möglich, dass andere Menschen, die keine konkrete Arbeit verrichten, dennoch mehr Geld bekommen als der Arbeiter oder die Arbeiterin, welche den Gewinn erwirtschaftet hat. Damit nicht genug: Unaufhörlich fliesst Geld aus den Taschen der Armen in die Taschen der Reichen: beim Einkaufen im Supermarkt, beim Bezahlen der Krankenkassenprämien und Wohnungsmieten, beim Einkauf von Kleidern und Schuhen. Der Schweiss der Arbeitenden verwandelt sich buchstäblich endlos ins Gold der Reichen – die beiden Kehrseiten der kapitalistischen Medaille. Deshalb ist es die grösste Lüge, wenn sich der Unternehmer mit seiner “Wohltätigkeit” brüstet, weil er doch so viel Steuern zahle, welche der Allgemeinheit zugute kämen. Die Wahrheit ist: Mit seinen Steuern gibt er den arbeitenden Menschen bloss einen winzigen Teil dessen zurück, was er ihnen zuvor gestohlen hatte.Wer daher fordert, man müsse die Armut bekämpfen, müsste vorher eigentlich die Forderung aufstellen, man müsste den Reichtum bekämpfen. Denn wenn man den Reichtum bekämpft, dann verschwindet die Armut ganz von selber.