Wenn es den Hunden und Katzen besser geht als den Menschen

Nun, da Frauchen und Herrchen ihre eigene Kalorienzufuhr, die sportliche Betätigung oder den Schlafrhythmus bereits übers Smartphone überwachen, ist nun der vierbeinige Freund an der Reihe. Hund und Katze werden mit Wearables ausgestattet, also mit Geräten und Trackern, die man am Halsband befestigen kann, um die Aktivität via Smartphone zu überwachen. Damit können Besitzer beispielsweise über eine App Standort und Aktivität des Tieres überwachen, also wie viel es sich bewegt und schläft… Auch Vodafone verkauft einen Haustier-Tracker namens V-Pet. Damit können Herrchen und Frauchen eine sichere Zone um ihr Haus herum definieren. Verlässt das Haustier diese Zone, werden sie über Smartphone informiert. Der V-Pet-Tracker lässt den Besitzer auch wissen, wie viel der Hund oder die Katze gerannt ist, gespielt oder geschlafen hat. Er zeigt an, wie viele Kalorien das Tier verbrannt hat… Weitere Firmen haben digitale Dog-Sitter auf dem Markt gebracht. Diese funktionieren über Kameras, die in der Wohnung oder im Haus aufgestellt werden und über die Besitzer ihre Tiere beobachten können, wenn sie ausser Haus sind… Die Firma Furbo verkauft eine Hundekamera, über die Nutzer via Smartphone hören und sehen können, was das Haustier tut. Auch können sie zu ihm sprechen. Bellt der Hund beispielsweise, kann sich der Halter über die Kamera zu Hause umsehen, was los ist. Die Furbo-Kamera kommt mit einem Leckerli-Fach, das mit bis zu 100 Leckerli gefüllt werden kann. Auf Kommando via Smartphone werden diese dem Hund zugeworfen… Das deutsche Start-up Relaxopet setzt indessen auf die psychische Gesundheit der Haustiere. Es verkauft ein Gadget, das Haustieren in Stresssituationen ermöglichen soll, sich zu entspannen. Das Gerät sendet Klangwellen für Hunde und Katzen aus, die das Unterbewusstsein der Tiere stimulieren sollen… Das Vordringen mit Gadgets in der Haustier-Industrie hat einen guten Grund: Der Smartphone-Markt ist langsam gesättigt. Hersteller und Mobilfunkkonzerne müssen neue Wege einschlagen, um weiter zu wachsen… Marktforscher schätzen, dass der Haustier-Wearables-Markt bis im Jahr 2014 auf 8 Milliarden Dollar wachsen soll. 2017 war er laut der Beratungsfirma Global Market Insights noch 1,85 Milliarden Dollar gross.

(Tages-Anzeiger, 28. Februar 2019)

Der Wachstumszwang, dem die kapitalistische Wirtschaft unterworfen ist, treibt immer absurdere Blüten. Was ist wohl als Nächstes dran, wenn der Markt für die Überwachung der Haustiere ebenfalls gesättigt ist? Werden dann die Blumen im Garten digital vernetzt, um ihr Wachstum, ihre Feuchtigkeit und die Zufuhr an Nährstoffen zu messen und zu optimieren? Das Verrückte daran ist, dass alle diese ökonomischen, finanziellen und technologischen Anstrengungen immer nur dorthin fliessen, wo das entsprechende Geld vorhanden ist, um sich alle diese Absurditäten auch tatsächlich leisten zu können. Während es andernorts am Elementarsten und Grundlegendsten fehlt. Und so leben wir in einer Welt, in der es selbst den Hunden und Katzen einer im Luxus schwelgenden Minderheit der Erdbevölkerung besser geht als jener Milliarde Menschen, die nicht einmal genug zu essen haben, oft nicht einmal ein Dach über dem Kampf haben und meist auch auf eine medizinische Grundversorgung verzichten müssen.