Weltklimakonferenz in Madrid: Chance für einen Neubeginn oder nur heisse Luft?

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Madrider Weltklimakonferenz können sich noch so viel Mühe geben, noch so voller guten Willens sein: Wenn sie nicht an die Wurzel des Übels herangehen, nämlich an eine Überwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, wird alle Mühe vergebens sein und alles bloss in buchstäblich heisser Luft verpuffen. Auch wenn das im ersten Moment Kopfschütteln hervorrufen und an die schlimmsten Zeiten kommunistischer Diktaturen erinnern mag: Wir brauchen, anstelle des Freien Marktes unserer gegenwärtigen Wirtschaftsordnung, so etwas wie eine – demokratisch legitimierte, global institutionalisierte – «Planwirtschaft». Wer ein Haus bauen will, lässt auch zunächst einen Plan zeichnen, alle anstehenden Kosten kalkulieren und die geeignetsten Baustoffe auswählen. Weshalb sollte, was im Kleinen der Bau eines Hauses ist, nicht auch im Grossen, wo es um die ganze Erde und die Zukunft von Milliarden von Menschen geht, nicht auch sinnvoll sein? Dass der so genannte «freie» Markt von Angebot und Nachfrage schon längst nicht mehr funktioniert und alles immer nur noch schlimmer macht, müsste eigentlich mittlerweile auch der eifrigste Befürworter des Kapitalismus zur Kenntnis genommen haben. Gibt es irgendeinen plausiblen Grund dafür, jedes Jahr weltweit eine so grosse Zahl von Textilien herzustellen, dass zwei Fünftel davon im Müll landen? Ist es zu verantworten, immer grössere Teile des brasilianischen Amazonaswaldes abzuholzen, bloss um die unersättlichen Fleischbedürfnisse der europäischen und US-amerikanischen Bevölkerung zu befriedigen? Würde man die immensen Mittel, die für die weltweite Werbeindustrie und ihre Propaganda für den Konsum und die Vermarktung einer immer grösseren Fülle von Luxusgütern verwendet werden, nicht viel gescheiter für die Erfüllung jener Grundbedürfnisse einsetzen, von denen Milliarden von Menschen auch heute noch ausgeschlossen sind? Eine demokratische «Planwirtschaft» würde sämtliche Wirtschaftsabläufe sinnvoll regeln, Produktionsstandorte festlegen, Energiequellen definieren, Transportwege minimieren, für faire Arbeitsbedingungen sorgen, den Grundbedürfnissen Priorität einräumen, die sozialen und ökologischen Kosten jeder Ware kalkulieren – und dies alles unter dem obersten Primat der sozialen Gerechtigkeit und der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen für die heute lebenden wie auch für die zukünftigen Generationen. Getragen wäre diese demokratische «Planwirtschaft» durch ein globales Gremium, in dem alle Länder anteilmässig zu ihrer Bevölkerung vertreten wären. Dabei wäre nicht mehr die gegenseitige Konkurrenzierung zwischen den Ländern, wie das heute der Fall ist, das oberste Prinzip, sondern die gegenseitige Kooperation und das gemeinsame Bemühen um die besten Lösungen, bei denen der Nutzen, den ein einzelnes Land und eine einzelne Volkswirtschaft daraus zieht, zugleich immer auch der Nutzen aller anderen Länder und aller anderen Volkswirtschaften ist. Denn, wie schon der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt sagte: «Was alle angeht, können nur alle lösen.»