Was wäre eine Welt ohne Kinder

 

Wenn ich in trüben Gedanken versinke und mich alle die Meldungen über wachsende Coronainfektionszahlen und Todesfälle fast in den Boden drücken, dann höre ich auf einmal draussen auf der Strasse Kinder vorüber hüpfen, spielend, singend, lachend, scherzend, als wäre nichts gewesen. Keine Frage: Viele Menschen leiden unsäglich unter der Coronapandemie, sei es, dass sie von der Krankheit selber betroffen sind, sei es, dass sie von Angehörigen Abschied nehmen mussten, sei es, dass sie ihre Arbeitsstelle verloren haben, sei es, dass sie vor lauter Einsamkeit und Verzweiflung depressiv geworden sind. Aber eben, da sind noch die Kinder. Die Kinder mitten in der Coronapandemie, die ihr Lachen und das Strahlen in ihren Augen noch nicht verloren haben, ganz so, als wären das Schätze aus einer anderen Welt, die sie noch immer in sich tragen. Ja, Kinder können viel von Erwachsenen lernen. Aber mindestens so viel können die Erwachsenen von den Kindern lernen, ganz besonders jetzt, in der Coronazeit: Dass wir, so schlimm die Umstände auch sein mögen, das Lachen nicht verlieren dürfen. Dass das wirkungsvollste Mittel, um etwas zum Guten hinzulenken, nicht Hass, Beleidigungen und Missgunst sein sollen, sondern die Liebe. Dass Fremdes, Störendes, Andersartiges nicht dazu sein soll, abgelehnt und bekämpft zu werden, sondern dazu, ernst genommen und ohne Vorteile betrachtet zu werden. Kinder sind auf wunderbare Weise noch keine Politiker und Politikerinnen, zumindest nicht im landläufigen Verständnis des Wortes. Sture Rechthaberei um jeden Preis ist ihnen fremd, auch das Aufreissen von Gräben zwischen den Menschen. Sie lieben auf wunderbare Weise ganz einfach das Leben und knüpfen geheimnisvoll unsichtbare und dennoch unvorstellbar starke Fäden zwischen allem Lebendigen. Kinder sind der grösste Schatz, nicht nur, aber ganz besonders in dieser schweren Zeit. Und während ich schon wieder in trüben Gedanken zu versinken drohe, träume ich doch gleichzeitig von einer Welt, in der es nicht mehr das höchste Ziel ist, aus Kindern möglichst schnell und effizient Erwachsene zu machen, sondern in der es das höchste Ziel aller Erwachsenen wäre, von den Kindern möglichst viel zu lernen und sich zeitlebens möglichst viel von jener wundervollen und geheimnisvollen Welt des Kindes zu bewahren.