Was ist «legal», was ist «illegal»?

Rund 70 Aktivisten und Aktivistinnen belagerten am Montagmorgen die Eingänge des Hauptsitzes der Crédit Suisse am Zürcher Paradeplatz. Die Zürcher Stadtpolizei rückte mit einem Grossaufgebot gegen diese illegale Aktion aus und verhaftete 64 Personen, die passiven Widerstand leisteten. Die Organisatoren der Aktion sagten, dass sie die Grossbank dazu bewegen wollten, von Investitionen in fossile Energien abzusehen. Die Form der Belagerung hätten sie gewählt, weil die Demonstrationen der Klimajugend ihrer Ansicht nach bis jetzt zu wenig bewirkt hätten.

(Tages-Anzeiger, 9. Juli 2019)

Was ist «legal», was ist «illegal»? «Illegal» ist es, durch eine Sitzblockade den Zugang zu einer Bank zu versperren. «Legal» hingegen ist eine Finanz- und Wirtschaftspolitik, die bewusst das Leben von Milliarden noch ungeborener Menschen aufs Spiel setzt – bloss, um hier und jetzt möglichst hohe Profite zu erzielen. Eigentlich müsste man nicht die 70 Aktivisten und Aktivistinnen, welche den Zugang zur Bank versperrten, ins Gefängnis werfen, sondern all jene Entscheidungsträger der Crédit Suisse, die dafür verantwortlich sind, dass ihre Bank weiterhin in Grossprojekte investiert, die in Bezug auf Klima und Ökologie unabsehbare, verheerende Folgen haben werden. Doch dass diese weiterhin auf freiem Fuss sind und nicht die Täter, sondern die Opfer kriminalisiert werden, dies hat damit zu tun, dass das kapitalistische Recht des Stärkeren tief in unser Denken eingemeisselt ist und wir noch weit entfernt sind von einem objektiven, nichtkapitalistischen Rechtsempfinden, in dem das Leben der Erde, der Natur, der Tiere und zukünftiger Generationen genau den gleichen Stellenwert hat wie die Freiheit und die Unversehrtheit des Individuums hier und jetzt.