Ukraine: Es gibt noch eine andere Seite der Wahrheit…

 

Selten genug sind in der westlichen Presse Berichte, die von der üblichen Sichtweise – hier die “gute” Ukraine, dort die “bösen” Russen – abweichen. Einer von ihnen stammt vom Kriegsreporter Kurt Pelda, erschienen im schweizerischen “Tagblatt” vom 8. Oktober 2022. Pelda zeigt, dass es neben der offiziellen “Wahrheit”, die uns täglich von den Medien vermittelt wird, auch noch eine andere Wahrheit gibt.

“Nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner der von der Ukraine zurückeroberten Gebiete sind erfreut, wieder unter Kiewer Herrschaft zu leben”, schreibt Pelda und erzählt von Waleri, 80 Jahre alt, einem früheren Schuldirektor. Beim ukrainischen Angriff auf sein Dorf hätte eine Rakete den Keller getroffen, in dem sich seine Frau verbarrikadiert hatte. Von seiner Frau habe er nicht mehr viel vorgefunden, ihre Arme hätten gefehlt, sein Leben habe jetzt keinen Sinn mehr. So also sieht das aus, was in der Regel von den gängigen Medien als “Befreiung” gefeiert wird.

Unter den Menschen in einem von ukrainischem Militär “befreiten” Dorf, so berichtet Pelda weiter, gäbe es zahlreiche Anhänger Russlands, die “kein gutes Haar am ukrainischen Staat lassen.” Unwillkürlich kommen einem die Volksbefragungen in den Sinn, welche Russland in vier ostukrainischen Regionen durchgeführt hat und die allesamt von den westlichen Medien als “Scheinreferenden” abqualifiziert worden sind. Wie viele westliche Journalisten waren, so wie Pelda, tatsächlich in diesen Gebieten und wie viele von ihnen haben die Bevölkerung gefragt, was sie tatsächlich von einer Staatszugehörigkeit zu Russland halten? Wenn man sich vergegenwärtigt, wie rigoros der ukrainische Staat gegen die russischsprachige Minderheit vorgeht, ihnen das Ukrainische als Amtssprache aufzwingt und sie zu Bürgerinnen und Bürgern zweiter Klasse degradiert, dann würde es einen nicht wundern, wenn tatsächlich zahlreiche Menschen in den betroffenen Gebieten in den “Scheinreferenden” einem Anschluss an Russland zugestimmt hätten. Auch Pelda stellte fest, dass es unter jenen schätzungsweise zehn Prozent der Bevölkerung, die nicht geflüchtet seien, “einen erheblichen Anteil von Russlandfans” gäbe. 

Sergej, der Wächter auf dem Markt von Bachnut, hätte, so Pelda, berichtet, dass über dem Markt Streubomben abgeworfen worden seien. Sergej hätte den Angriff mit seinem Mobiltelefon gefilmt. Später seien ukrainische Soldaten gekommen und hätten ihn gezwungen, die Videos zu löschen. Nun hoffe er, dass die Russen so bald wie möglich wieder zurückkommen würden, um ihn zu “befreien”. Streubomben auf einem Markt? Erinnert das nicht an die mutmasslichen Massaker von Butscha und Isjum? Nur dass jene von den “bösen” Russen begangen wurden und dieses von den “guten” Ukrainern…

Pelda beweist, dass Berichterstattung über den Ukrainekrieg auch anders möglich wäre und dass es nicht nur eine einzige Wahrheit gibt, sondern mindestens noch eine zweite. Dadurch, dass Pelda sich in die Kriegsgebiete wagt, mit den Menschen spricht und ihre Befindlichkeit ernst nimmt, wird er für uns alle zum Vorbild, einmal gefasste Meinungen immer wieder gründlich zu hinterfragen und uns nicht mit vermeintlichen “Wahrheiten”, die nur die eine Seite des Konflikts beleuchten, vorschnell zufriedenzugeben.