“Trinkwasserinitiative” und “Pestizidinitiative”: Damit Menschen, Tiere und Natur wieder ins Gleichgewicht gelangen

 

Die “Trinkwasserinitiative”, über die am 13. Juni 2021 abgestimmt wird, verlangt, dass künftig nur noch Landwirtschaftsbetriebe Subventionen oder Direktzahlungen erhalten, die auf den Einsatz von Pestiziden verzichten und ohne prophylaktischen Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung auskommen. Zudem sollen die Betriebe ihre Tiere ausschliesslich mit betriebseigenem Futter versorgen. Die “Pestizidinitiative”, über welche ebenfalls am 13. Juni 2021 abgestimmt wird, will den Einsatz synthetischer Pestizide in der landwirtschaftlichen Produktion, in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und in der Boden- und Landschaftspflege verbieten. Auch der Import von Lebensmitteln, die synthetische Pestizide enthalten oder mit solchen produziert wurden, soll verboten werden. Zwei Initiativen, die auf den ersten Blick zweifellos vollumfänglich einleuchten, fordern sie doch nichts weniger als eine Landwirtschaft, die im Einklang mit der Natur, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und dem Wohl von Menschen und Tieren steht. Und doch erwächst den beiden Initiativen von allen möglichen Seiten Widerstand, vorab vom Schweizerischen Bauernverband, den bürgerlichen Parteien, der Economiesuisse und dem Gewerbeverband. Und sogar “Bio Suisse”, der Dachverband der Schweizer Knospe-Betriebe, lehnt zumindest die eine der beiden Initiativen, nämlich die “Trinkwasserinitiative”, ab. Das lässt sich nur so erklären, dass wir uns eben schon längst nicht mehr in einer kleinen, “heilen” Welt befinden, in der auf natürliche Weise das Wohlergehen von Mensch, Tier, Pflanze und Natur aufs engste miteinander verknüpft sind. Nein, jeder noch so kleine Landwirtschaftsbetrieb, ob in der Schweiz, in Australien oder in Südafrika, ist Teil eines globalen Systems, in dem eben nicht das Wohlergehen von Menschen, Tieren und der Natur an erster Stelle stehen, sondern der grösstmögliche materielle Profit. Das alles führt dazu, dass in Brasilien jeden Tag riesige Waldflächen abgeholzt werden, damit die Menschen in den USA und in Europa täglich ihr Stück Fleisch auf dem Teller haben. Es führt dazu, dass in den reichen Ländern des Nordens Früchte und Gemüse, die aus fernen Ländern importiert werden, billiger sind als jene, die im eigenen Land produziert werden. Es führt dazu, dass auf grossen Farmen in Kanada und Australien immer schwerere Erntemaschinen zum Einsatz gelangen, so dass auf den Böden mit der Zeit überhaupt nichts mehr wachsen kann. Es führt dazu, dass mithilfe von Pestiziden weit grössere Mengen an Nahrung herausgepresst werden, als die Erde unter natürlichen Bedingungen hervorbringen würde, Nahrung, die dann auf einen Weltmarkt geworfen wird, auf dem die Preise im gegenseitigen Konkurrenzkampf ins Bodenlose gedrückt werden. Es führt dazu, dass in den reichen Ländern so viele Überschüsse produziert werden, dass rund ein Drittel aller Lebensmittel im Müll landen, während gleichzeitig weltweit eine Milliarde Menschen hungern. Es führt dazu, dass die natürlichen Lebensgrundlagen in einer Art und Weise bedroht und zerstört werden, dass die Menschen in 40 oder 50 Jahren vielleicht überhaupt nichts mehr zu essen haben. Nicht der einzelne Boden hier oder dort ist krank. Nicht nur die Art und Weise, wie wir mit Tieren umgehen, ist krank. Das ganze System ist krank. Die Produktion von Nahrungsmitteln hat nicht dem Kapital, nicht den materiellen Interessen und nicht der Gewinnmaximierung multinationaler Konzerne zu dienen, sondern einzig und allein dem Wohl der Menschen, der Tiere, der Natur und dem Lebensbedürfnis zukünftiger Generationen. Deshalb ist die Stossrichtung der “Trinkwasserinitiative” und der “Pestizidinitiative” goldrichtig. Man kann sich nur wünschen, dass an unzähligen anderen Orten weltweit ähnliche Initiativen entstehen, damit das, was in unserer heute so “verrückt” gewordenen Welt noch als “übertrieben”, “unrealistisch” und “weltfremd” erscheinen mag, eines Tages das Normalste und Selbstverständlichste ist, was man sich nur vorstellen kann, und damit es möglichst bald zu dem kommt, was die Klimabewegung schon lange fordert, nämlich zu einem radikalen “System Change”, in dem all das, was bis heute auseinandergerissen wurde, wieder ins Gleichgewicht gelangt.