Streitgespräche und Politikdiskussionen: Und wo sind die Nichtakademiker und Nichtakademikerinnen?

Radio SRF veröffentlicht eine Artikelserie zum Thema “Corona – es wird nie wieder sein, wie es einmal war.” Gesprächsteilnehmer und Gesprächsteilnehmerinnen sind eine Philosophin, ein Soziologe, eine Kulturwissenschaftlerin und ein Wissenschaftshistoriker…

(www.srf.ch)

Ob in der Zeitung, am Radio oder am Fernsehen: Geht es um wichtige Themen, kommen fast immer nur Akademiker und Akademikerinnen zu Wort. Als hätten alle anderen Menschen nichts Wichtiges zu sagen. Doch das ist ein gewaltiger Irrtum und eine masslose Beleidigung all jener “einfachen” Männer und Frauen ohne Titel und Rang, die tagtäglich ganz einfach ihren Job erledigen. Denn das Leben findet nicht vor allem in wohltemperierten Studierstuben statt. Es findet vor allem statt im ohrenbetäubenden Lärm von Fabrikhallen, im knietiefen Schlamm eines Abwasserschachts, am Krankenbett einer qualvoll sterbenden Patientin oder im Gewusel der fünfköpfigen Familie in einer viel zu engen Vierzimmerwohnung zwischen Haushaltsarbeiten, Homeschooling und Homeoffice. Zwar wird über den Alltag dieser “gewöhnlichen” Menschen regelmässig in Zeitungsartikeln und TV-Reportagen berichtet. Geht es aber um das politische oder philosophische Streitgespräch, um die Reflexion über gegenwärtige und zukünftige Bedrohungen, um die Beurteilung all der Massnahmen, die von Gesundheitsexperten und Politikern getroffen werden – dann sucht man den Nichtakademiker oder die Nichtakademikerin in der Gesprächsrunde meist vergebens. Es wäre wohl an der Zeit, analog zur Frauenquote eine Quote für Nichtakademikerinnen und Nichtakademikern in öffentlichen Gesprächsrunden einzuführen.