Sport als “Milieu des Schmerzens”: Ein Karussell, das sich immer schneller dreht…

Immer mehr ehemalige Gymnastinnen melden sich, um von missbräuchlichen Methoden leitender Trainerinnen in der Rhythmischen Gymnastik zu berichten. Es geht um Psychoterror, Magerwahn und Rücksichtslosigkeit bei Verletzungen.

(www.nzz.ch)

Wundert sich da noch jemand? Es ist ja logisch: Je länger sich die jungen Frauen international gegenseitig zu übertrumpfen suchen, umso mehr müssen sie an die Grenze des gerade noch Aushaltbaren gehen, oder besser noch über diese Grenze hinaus. Das ist das Wesen des Konkurrenzprinzips, das die NZZ in einem anderen Artikel kürzlich auch als “Milieu der Schmerzen” bezeichnete. Und das ist ja beileibe nicht nur in der Rhythmischen Sportgymnastik so. Auch im Tennis, wo jeder Schlag, den der eine Spieler bietet, von seinem Gegenspieler mit einem umso härteren Gegenschlag gekontert werden muss, bis jeder Spieler, der überhaupt noch mit der Spitze mithalten will, am Ende, obwohl er einmal kerngesund gewesen war, körperlich zerbrochen vom Feld humpelt. Und auch im Skirennsport, wo jeder Fahrer, der im Höllentempo zu Tale rast, seine Konkurrenten dazu zwingt, noch ein paar Tausendstel Sekunden höllischer sein Leben zu riskieren, bis dann kein Einziger mehr übrig bleibt, der im Verlaufe seiner Karriere als Spitzensportler nicht mindestens drei Kreuzbandrisse, zwei Schlüsselbeinbrüche und ein Schädelhirntrauma aufzuweisen hätte. Doch das ist noch längst nicht alles. Das Konkurrenzprinzip dominiert nicht nur die Welt des Sports, sondern auch die Welt der Wirtschaft, des Arbeitslebens, der ganzen Gesellschaft: Grösser, schneller, billiger, stärker zu sein als der andere, zu welchen Kosten auch immer, das ist die Devise. Nicht nur in der Schule, wo der Konkurrenzkampf um die guten Noten dazu führt, dass immer mehr, die mit der Spitze nicht mitzuhalten vermögen, auf der Strecke bleiben. Auch in der Arbeitswelt, wo es einer immer grösseren Anstrengung bedarf, um mit den Besten und Tüchtigsten mithalten zu können. Und ebenso in der Konsum- und Warenwelt, wo alle stets nur dem billigsten und schnellsten Produkt hinterherrennen und auf diese Weise dazu beitragen, dass ausgerechnet jene Firmen, welche für  die schlechtesten Produktions- und Arbeitsbedingungen bekannt sind, die höchsten Gewinne einfahren. Höchste Zeit, das Konkurrenzprinzip ganz grundsätzlich zu hinterfragen und einer breiten gesellschaftlichen Debatte Raum zu geben, in deren Mitte die Frage stehen müsste, wie denn eine Welt, die nicht vom Konkurrenzkampf, sondern vom Miteinander und von der Kooperation geprägt wäre, aussehen könnte.