Serafe: Der Unfug öffentlicher Ausschreibungen

 

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Seit Beginn des Jahres 2019 ist die Firma Serafe für die Versendung der Rechnungen für die Radio- und Fernsehgebühren in der Schweiz verantwortlich. Zuvor hatte die Firma Billag die Rechnungen ausgestellt, hatte aber im Ausschreibungsverfahren gegenüber der Firma Serafe, die ein günstigeres Angebot eingereicht hatte, den Kürzeren gezogen. Bereits bei den ersten 3,6 Millionen Rechnungen, die Serafe verschickte, zeigten sich allerdings Probleme. Viele Adressen waren fehlerhaft. Weil auf den Rechnungen stand, bei Problemen solle man sich bei der Einwohnerkontrolle melden, wurden diese regelrecht mit Anfragen überflutet. Laut der «Aargauer Zeitung» gingen allein im Zürcher Bevölkerungsamt 3000 Anrufe ein. In Bern waren dies 900 Anrufe und 1200 Datensätze mussten geprüft werden. Dies stoppte allerdings, als das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) entschied, dass künftig nur noch die Serafe als Auskunftsstelle fungieren solle und nicht mehr die Gemeinden. Darüber zeigt sich die Serafe nun verärgert. Mediensprecher Erich Heynen spricht gegenüber der «AZ» von einem sehr grossen «Mehraufwand», der jetzt bewältigt werden müsse. Nicht nur müsse man sich nun um «Tausende von Reklamationen» kümmern, sondern bekomme auch noch Informationen, die sie gar nichts angingen. So melden ihnen viele Leute beispielsweise unnötigerweise ihren Umzug. Mit einem solchen Mehraufwand habe man schlicht nicht gerechnet… Die SP-Nationalrätin Ursula Schneider meint, es sei offensichtlich, dass der Serafe die nötige Erfahrung fehle. Die Vize-Stadtpräsidentin von Murten geht aber noch weiter: «Der Bundesrat könnte zum Beispiel prüfen, vorzeitig aus dem Vertrag auszusteigen.» Mit diesem Vorschlag wird sich der Bundesrat am Montag während der Fragestunde des Nationalrats auseinandersetzen. Die Rechnungen der Serafe dürften aber noch eine Weile länger fehlerhaft verschickt werden. Der Firma ist es nämlich nicht erlaubt, falsche Adressen selbst anzupassen.

(www.watson.ch)

Hier wird das kapitalistische Konkurrenzprinzip ad absurdum geführt. Blindlings wird der günstigste Anbieter gewählt – ungeachtet möglicher späterer Folgekosten, die vermutlich um ein Mehrfaches höher sind als das, was mit der Wahl des billigsten Anbieters «eingespart» wurde. Folgekosten, die letztlich irgendjemand berappen muss und die dennoch in keiner Bilanz erscheinen. Ganz abgesehen von all dem Ärger und der Zeitverschwendung, von denen schliesslich die Kundinnen und Kunden, aber auch – in diesem Falle – die öffentliche Hand betroffen sind. Da mutet es wie ein schlechter Witz an, dass die zuständige Geschäftsprüfungskommission von National- und Ständerat (GPK) beteuert, sie hätte «keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass die Auftragsvergabe nicht korrekt durchgeführt worden ist». Die Ausschreibungsverfahren und die Bewertung der Offerten, so die GPK, seien gewissenhaft und im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorgaben durchgeführt worden. Nach Ansicht der GPK gibt es daher keinen Handlungsbedarf. Sie erwarte aber, dass es in der Übergangsphase keine Schwierigkeiten gebe und die Leistungen vom neuen Inkassounternehmen wie vereinbart erbracht würden. Gibt es einen eklatanteren Widerspruch zwischen solchen schönen Worten und der Realität? Wenn man noch die gegenwärtigen Probleme der SBB mit den neuen Doppelstockzügen von Bombardier und unzählige weitere Beispiele öffentlicher Ausschreibungen und ihrer Folgekosten dazurechnet, dann muss man sich schon fragen, wie viel Unfug da noch angerichtet werden muss, bis der politische Wille, vom öffentlichen Ausschreibungsverfahren Abschied zu nehmen, mehrheitsfähig ist.