Schweizerischer Bundesbeamter gegen Antisemitismus: Und wer befasst sich mit der Islamophobie?

Der „NZZ am Sonntag“ vom 12. November 2023 ist zu entnehmen, dass die Staatspolitische Kommission des Nationalrates aufgrund einer Anfrage des jüdischen Autors Thomas Meyer eine Motion verabschiedet hat, die verlangt, dass der Bund einen Aktionsplan gegen Antisemitismus und Rassismus vorlegt. Auch die Schaffung einer neuen Stelle nach dem Vorbild des Antisemitismusbeauftragten in Deutschland, der als Ansprechperson für jüdische Gruppen fungiert, steht zur Debatte. Weiter lese ich, dass der Schweizerische Israelitische Gemeindebund SIG den Entscheid der Kommission explizit begrüsst, denn es brauche die „sichtbare Stimme des Bundes, mit der nötigen Kompetenz explizit gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen“.

Zwar scheint die Motion auf den ersten Blick einen Aktionsplan gegen „Antisemitismus und Rassismus“ zu verlangen. Im Folgenden ist dann aber nur noch von „Antisemitismus“ die Rede, vor allem auch mit der Bezugnahme auf Deutschland (Antisemitismusbeauftragter) und der Stellungnahme des SIG, wo ebenfalls ausschliesslich von Antisemitismus die Rede ist.

Dies erscheint mir angesichts der heutigen Situation betreffend Nahostkonflikt doch eine zu einseitige Parteinahme zu sein. Wenn man sich nämlich in den sozialen Medien umschaut, ist Rassismus gegenüber Moslems und insbesondere gegenüber Palästinenserinnen und Palästinensern mindestens so weit verbreitet wie Antisemitismus, bis hin zur oft gehörten Meinung, jeder Moslem bzw. Palästinenser sei ein Hamas-Sympathisant oder sogar ein potenzieller Terrorist. Mehrfach waren in den letzten Wochen in den Tageszeitungen Artikel zu lesen, die belegen, wie sehr Moslems in der Schweiz von Rassismus und pauschalen Schuldzuweisungen betroffen sind.

Es kann doch nicht sein, dass die offizielle Schweiz die eine Form des Rassismus so klar verurteilt und die andere Form gänzlich verschweigt. Hätte die Staatspolitische Kommission des Nationalrats, wenn ein Schriftsteller mit palästinensischen Wurzeln auf sie zugekommen wäre, wohl ebenso spontan und bereitwillig eine Motion verabschiedet zur Einführung eines Aktionsplans gegen Islamophobie und die Ernennung eines hierfür zuständigen Bundesbeamten?

Mit diesem Schreiben gelangte ich am 12. November an das Präsidium und mehrere Mitglieder der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats. Eine Antwort steht zur Zeit noch aus.