Die am Montag publizierte jüngste Auflage des OECD-Länderberichts empfiehlt der Schweiz eine «nachhaltige Reform» der Altersvorsorge. Das allgemeine Normrentenalter solle schrittweise auf 67 steigen und dann im Einklang mit der Erhöhung der Lebenserwartung noch weiter zunehmen.
Bald sind alle Häuser, wo es denn überhaupt noch Platz hat, fertiggebaut. Auch die Güter des täglichen Lebens sind in so verschwenderischer Fülle vorhanden, dass man kaum mehr etwas Zusätzliches produzieren muss. Und unzählige Arbeiten, die früher von Hand und mit menschlicher Arbeitskraft verrichtet wurden, werden heute von Computern und Maschinen erledigt. Zeit also, anzuhalten und auf das Erreichte voller Stolz und Zufriedenheit zurückzublicken. Logischerweise, da schon so vieles gemacht wurde, könnte man sich nun etwas Ruhe gönnen, sich mehr Freizeit leisten, längere Pausen machen, nur noch vier statt fünf Tage pro Woche arbeiten, längere Ferien machen, früher in Pension gehen. Doch absurderweise ist in der Realität genau das Gegenteil der Fall: Druck und Hektik am Arbeitsplatz nehmen immer mehr zu, im Büro, auf dem Bau, in den Spitälern, überall. Der Postbeamte hetzt im Sekundentakt von Haus zu Haus, die Kitaangestellte muss zehn statt sieben Kinder betreuen, der Journalist hat kaum mehr Zeit, für seine Artikel sorgfältig zu recherchieren. Und jetzt soll – gemäss Empfehlung der OECD – also auch noch das Rentenalter auf 67 Jahre angehoben werden. Irgendetwas scheint da schiefgelaufen zu sein. Offensichtlich werden die Früchte nicht an jene verteilt, welche die Arbeit geleistet haben, sondern man presst sie wie Zitronen einfach immer weiter aus – je härter, je mehr und je länger sie schon gearbeitet haben, umso härter, mehr und länger sollen sie auch in Zukunft arbeiten, das Hamsterrad, das sich, je schneller man rennt, umso schneller dreht. Auf dass irgendwo, unsichtbar, die Früchte dann doch noch verzehrt werden, aber eben nicht von denen, die dafür geschuftet haben, sondern von denen, die das alles so eingerichtet haben, die Baustellen, die Fabriken, die Spitäler, die Supermärkte, das Hamsterrad, alles…