Opposition gegen das ungarische «Sklaven-Gesetz»

Mehr als 10 000 Menschen demonstrierten am Sonntag in Budapest gegen die Regierung von Viktor Orban . Es war bereits die vierte Protestkundgebung der Woche, zuvor hatten jeweils am Abend Manifestationen vor dem Parlament stattgefunden, wobei es auch zu Scharmützeln mit der Polizei und Dutzenden von Festnahmen kam. Unmittelbar ausgelöst hat die Protestwelle eine neues Arbeitsgesetz, wonach künftig maximal 400 unbezahlte Überstunden pro Jahr statt wie bisher 250 zulässig sind. Die Opposition kritisiert den Vorstoss als «Sklaven-Gesetz».

(NZZ, 17. Dezember 2018)

 

Es ist kein Zufall, dass ungarische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen neu bis zu 400 unbezahlte Überstunden pro Jahr leisten sollen, während in der Türkei das Pensionierungsalter für Frauen von 38 auf 58 Jahre und für Männer von 43 auf 60 Jahre angehoben wird und in Deutschland, Frankreich und Italien infolge von Betriebsschliessungen immer wieder Tausende von Angestellten ihre Stellen verlieren. Nein, es ist kein Zufall. Sondern die ganz direkte und logische Folge des globalisierten kapitalistischen Wirtschaftssystems. Es bewirkt, dass die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen über alle Grenzen hinweg gegeneinander ausgespielt werden und sich ungewollt in einem permanenten gegenseitigen Wettkampf befinden: Werden an einem Ort die Löhne gesenkt, damit billiger produziert werden kann, hat dies zur Folge, dass auch an anderen Orten die Löhne gesenkt oder die Arbeitszeiten erhöht werden, damit man im globalen Wettstreit konkurrenzfähig bleibt. Eine permanente Spirale nach unten, in der jeder Arbeiter zum Widersacher aller anderen Arbeiter wird, zwingt es doch jeden, stets ein bisschen schneller, billiger und produktiver zu sein als alle anderen. Es mag zwar antiquiert klingen, aber lösen lässt sich das Problem tatsächlich nur, indem sich alle Arbeiter und Arbeiterinnen, wie Karl Marx es forderte, über alle Grenzen hinweg solidarisieren und sich nicht mehr länger gegeneinander ausspielen lassen.