Lockerung der Coronamassnahmen: Nicht alles ist logisch

Der Bundesrat gab heute den Fahrplan für die schrittweise Lockerung der Coronamassnahmen bekannt. Doch warum gehören ausgerechnet Einrichtungen mit direktem Körperkontakt wie Coiffeursalons und Tattoo-Studios zu den Profiteuren der ersten Lockerungsetappe am 27. April? Warum werden Baumärkte und Gartencenter geöffnet, während kleinere Läden bis am 11. Mai geschlossen bleiben sollen? Besonders bitter ist der Lockerungs-Fahrplan für die Gastronomie. Vor dem 11. Juni wird es kaum zu einer Wiedereröffnung von Bars und Restaurants kommen. Ein brutaler Schlag ins Gesicht abertausender Beizer und Restaurantangestellter. Die Branche operiert mit sehr knappen Margen, viele betreiben Selbstausbeutung. Nun sind auf absehbare Zeit keine nennenswerten Umsätze in Sicht, während sie bei den Mieten höchstens auf eine Fristerstreckung hoffen dürfen. Wie so die befürchtete Pleitewelle verhindert werden kann, weiss wohl nicht einmal der Bundesrat.

(www.watson.ch)

Man kann dem Bundesrat in Sachen Corona wohl kaum vorwerfen, er hätte bisher nicht mit Umsicht und Augenmass agiert. Die heute bekanntgegebenen Lockerungsmassnahmen sind indessen mindestens teilweise nur schwer nachvollziehbar. Gibt es irgendeinen triftigen Grund dafür, dass nur grosse Geschäfte, Gartencenter und Baumärkte ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen, nicht aber kleinere Geschäfte? Während Apotheken, Bäckereien und Metzgereien unabhängig von ihrer Grösse nach wie vor geöffnet sind, sollen Kleiderläden, Buchläden und Papeterien bis am 11. Mai geschlossen bleiben – wo ist da die Logik? Erst recht zu denken gibt die Tatsache, dass Bars und Restaurants frühestens am 11. Juni, wenn überhaupt, ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen. Und dies, obwohl zahllose Gastrobetriebe umfassende Sicherheitskonzepte – Hygienemassnahmen, Tisch- und Sitzordnungen mit erforderlichem Sicherheitsabstand, usw. – vorgelegt haben, Sicherheitskonzepte, von denen so mancher Bauarbeiter, so manche Detailhandelsangestellte, so manche Pflegefachfrau nicht einmal zu träumen wagen. Die stets wiederholte Beteuerung des Bundesrats, sämtliche Sicherheitsmassnahmen würden nicht über die Köpfe der Bevölkerung hinweg, sondern stets nur gemeinsam mit ihr umgesetzt, hat heute einen unverkennbaren Kratzer erhalten. Man hätte zumindest all jenen Restaurants, die ein glaubwürdiges Sicherheitskonzept vorgelegt haben, die raschestmögliche Wiederaufnahme ihres Betriebs erlauben sollen, nicht zuletzt auch als Beitrag zur Lebensqualität und zum Wohlbefinden der Bevölkerung.