Kündigung per SMS

Diese Woche erhielten 13 Frauen, die beim Onlinehändler Zalando in Arbon als Packerinnen tätig waren, ihre Kündigung innerhalb von fünf Tagen. Die Frauen, die für Zalando zu einem Stundenlohn von 23 Franken gearbeitet hatten, konnten es nicht fassen. Sie erhielten die Kündigung nicht in Briefform, auch nicht mündlich, sondern – per SMS! Mit einem SMS, das nicht einmal eine persönliche Anrede enthielt, sondern den einzigen Satz: «Hiermit kündigen wir Ihren Einsatz auf Freitag, den 10. Mai 2019.» Ohne Erklärung, ohne Begründung, ohne Entschuldigung, ja selbst ohne ein «Es tut uns leid, dass…»

(www.20minuten.ch)

Man stelle sich einmal vor, man würde einer Ärztin, einem Abteilungsleiter in einem Supermarkt oder einem Lehrer in dieser Form kündigen, einfach so per SMS und ohne Erklärung. Unvorstellbar! Das Beispiel zeigt, dass wir, auch wenn wir auf unsere Schweizer Demokratie noch so stolz sind, in unseren Köpfen doch immer noch zutiefst in einer Klassengesellschaft leben. In einer Klassengesellschaft, in der Packerinnen eines Onlinehändlers auf einem der untersten Ränge leben, dort, wo man mit den Menschen fast alles machen kann, was man will: sie härteste körperliche Arbeit zu Tiefstlöhnen verrichten lassen, ihre Gesundheit aufs Spiel setzen, sie mit engen Zielvorgaben permanent unter zeitlichen Druck und Stress setzen und ihnen, sobald es sie nicht mehr braucht oder wenn sie der immensen Belastung nicht mehr gewachsen sind, per SMS auf die Strasse werfen.

Arbeitsverhältnisse dürfen keine Machtverhältnisse sein. Jeder und jede Beschäftigte hat den gleichen Anspruch auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen, Wertschätzung und – in letzter Konsequenz – den gleichen Lohn. Denn keine berufliche Tätigkeit kann funktionieren ohne alle anderen. Auch ein so mächtiger Konzern wie Zalando baut seinen ganzen Reichtum und seinen ganzen Erfolg auf denen auf, die ganz unten sind. Würden die Packerinnen, Fabrikarbeiterinnen und Transporteure ihren Dienst versagen, würde das ganze Unternehmen innerhalb weniger Sekunden in sich zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Wenn schon, müssten die Packerinnen mehr verdienen als die in der Administration und auf den Chefetagen Tätigen. Denn es ist wohl um einiges anstrengender, von früh bis spät Pakete herumzuschleppen und retournierte Artikel zu reinigen, als vor einem Computer zu sitzen und Telefonanrufe zu beantworten…