Kreuzfahrtschiffe: Arbeitszeiten von 95 Stunden oder mehr

Die Arbeitsbedingungen auf den meisten Kreuzfahrtschiffen sind katastrophal: Stress, überlange Arbeitszeiten, geringer Lohn. «Im Vertrag war die Rede von 48 bis 72 Stunden pro Woche», berichtet Petru Sinescu, ehemaliger Kellner auf einem Schiff der Viking Cruises, einer Schweizer Reederei mit Sitz in Basel, «doch wir arbeiteten 95 Stunden und mehr. Man versprach mir 3000 Euro im Monat, aber auch das war nicht wahr. Ich erhielt bloss 950 Euro. Wir waren erschöpft, müde, gereizt, kein Lachen, alle waren am Rennen, von einem Ort zum andern.»

(Schweizer Fernsehen SRF1, «Eco», 29. April 2019)

Das Kreuzfahrtschiff als Abbild der kapitalistischen Klassengesellschaft. Ob, auf dem Deck, sitzen die feinen Damen und Herren und lassen es sich wohl ergehen. Ihren Reichtum, der ihnen die Kreuzfahrt überhaupt erst möglich macht, verdanken sie alle, auf welchen Wegen auch immer, dem kapitalistischen Grundprinzip, wonach sich das Geld dorthin bewegt, wo es bereits in grosser Menge vorhanden ist – während es sich von den Orten, wo es bereits Mangelware ist, weiter und weiter fortbewegt. Und das ist dann eben die andere Seite der kapitalistischen Medaille: Je unverschämter die oben auf dem Deck prassen, um ihr überschüssiges Geld loszuwerden, umso schmerzvoller und erniedrigender der Alltag jener, die rund um die Uhr für das Wohl der feinen Damen und Herren besorgt sein müssen. Das zutiefst Ungerechte daran ist, dass es sich hier um eine Art doppelter Ausbeutung handelt: Zuerst schafft das kapitalistische Geldsystem und die mit ihm verknüpften Umverteilungsmechanismen eine Pyramide, auf deren obersten Etagen sich Millionen von Reichen und Reichsten tummeln, während die auf den untersten Etagen Leben nichts anderes kennen als den knallharten täglich Kampf ums nackte Überleben. Die zweite Ausbeutung besteht darin, dass diejenigen, die man beraubt hat, nun ihrerseits gezwungen sind, denen, die sie beraubten, als Sklaven zu dienen und sich die unmenschlichsten Arbeitsbedingungen gefallen lassen zu müssen. Die Arroganz der «Oberen» geht sogar so weit, dass die meisten von ihnen vermutlich noch davon überzeugt sind, dass die «Unteren» doch dankbar sein müssten, überhaupt einen Job zu haben und Geld zu verdienen, das sie die «Oberen», «grosszügigerweise» zur Verfügung stellen.