Konzernverantwortungsinitiative und Freihandelsabkommen mit Indonesien: Die Zeiten ändern sich…

 

Zuerst die Konzernverantwortungsinitiative, die von einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung angenommen wurde. Und jetzt das Freihandelsabkommen mit Indonesien, das bloss eine knappe Mehrheit von 51,6 Prozent erreicht, und dies erst noch nur dank den Männern, während es von einer Mehrheit der Frauen abgelehnt wurde. Ja, die Zeiten scheinen sich zu ändern. Dabei geht es ganz offensichtlich nicht nur um den einen oder anderen Vertragstext, um die eine oder andere Massnahme zum Schutz von Mensch und Natur. Es geht um etwas viel Grösseres, Grundsätzlicheres, Umfassenderes. Es geht um die Frage der weltweiten Handelsbeziehungen. Es geht um das Machtgefälle zwischen Industrieländern und Agrarländern. Es geht um Reichtum und Armut. Es geht um die Ausbeutung von Menschen, Tieren und der Natur durch multinationale Konzerne. Es geht um die Globalisierung. Es geht um den Kapitalismus. Es geht um die soziale Gerechtigkeit. Es geht um das Überleben der Menschen auf diesem Planeten. Ich wage zu behaupten, dass in Abstimmungen wie jener über die Konzernverantwortungsinitiative oder jener über das Freihandelsabkommen mit Indonesien alle diese grossen, übergreifenden Fragen Themen nicht nur ein wenig mitschwingen, sondern im Gegenteil eine ganz entscheidende Rolle spielen. Und ich wage weiter zu behaupten, dass das Unbehagen über eine Wirtschaftsordnung, die immer noch primär auf Wachstum, Profitgier und Ausbeutung von Mensch und Natur ausgerichtet ist, immer weiter und weiter um sich greift. Anders wäre nämlich nicht zu erklären, dass sich gut die Hälfte der Schweizer Bevölkerung für die Konzernverantwortungsinitiative und gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien ausgesprochen hat, obwohl nur eine Minderheit der politischen Parteien diese Positionen vertreten hat. Und aus dieser Hälfte könnte, wenn es so weitergeht, schon sehr bald eine satte Mehrheit werden. Darauf deutet beispielsweise auch eine Umfrage hin, die von der Kommunikationsagentur Edelman anfangs 2020 in 28 Ländern bei 34’000 Menschen durchgeführt wurde und ergeben hat, dass 56 Prozent der Befragten im Kapitalismus eher etwas “Schädliches” als etwas “Nützliches” sehen. Schon bald werden wir über ein weiteres Freihandelsabkommen abstimmen, diesmal mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Die Wirtschaftsverbände, heisst es, stehen schon zitternd in den Startlöchern. Ob die Hälfte der Bevölkerung schon bald zur Mehrheit wird? Man darf gespannt sein…