Klimastreik: Muss man denn zuerst Radau schlagen, bis man wahrgenommen wird?

 

Klimastreik am 24. September 2021. Weltweite Kundgebungen. Allein in Berlin sind 100’000 Menschen auf der Strasse, in ganz Deutschland schätzungsweise rund 620’000. Auch in der Schweiz finden in mehreren Städten Demonstrationen statt, mit insgesamt mehreren tausend Teilnehmenden. Der Klimastreik ist aus seinem coronabedingten Dornröschenschlaf erwacht. Ein Anlass für die Medien, umfassend darüber zu berichten? Fehlanzeige! Als ich mir am Freitagabend die Tagesschau anschaue und später die Sendung “10 vor 10”: nichts, einfach nichts, weder ein Bericht über die Kundgebungen in der Schweiz, noch ein Bericht über die grossen Kundgebungen in Deutschland. Und als ich am folgenden Morgen den “Tagesanzeiger” lese, sieht es nicht viel besser aus. Im Hauptteil der Zeitung eine kümmerliche Randnotiz über die Anlässe in Deutschland, ohne Bild und mit dem Hinweis, es hätten “zehntausende” Menschen im ganzen Land demonstriert, obwohl es nur allein schon in Berlin rund 100’000 gewesen sind. Im Lokalteil dann immerhin ein etwas längerer Artikel über die Kundgebung in Zürich, aber ohne Angabe der Teilnehmerzahl und mit einem Bild, auf dem gerade mal ein gutes Dutzend Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu sehen sind, während sich doch insgesamt etwa 4000 Menschen am Zürcher Klimastreik beteiligt haben. Wenn ich mir die Berichterstattung über die Kundgebungen der Gegnerinnen und Gegner von Impfungen und Coronaschutzmassnahmen in Erinnerung rufe, dann frage ich mich schon: Muss man denn, um von den Medien und damit auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, zuerst andere Menschen beschimpfen und beleidigen, Morddrohungen aussprechen, Hass in den sozialen Medien verbreiten, mit dem Sturm aufs Bundeshaus drohen und von der Polizei aufgebaute Absperrgitter einzureissen versuchen? Die Klimabewegung hätte wohl mindestens so viel wenn nicht mehr Beachtung verdient als die Kritiker und Kritikerinnen der Coronaschutzmassnahmen. Erstens gerade weil es eine durch und durch friedliche und gewaltlose Bewegung ist und es selbst bei einer Teilnehmerzahl von mehreren zehntausend bis anhin nie auch nur ansatzweise zu Ausschreitungen und Tätlichkeiten gekommen ist und auch nie zu Beschimpfungen und Beleidigungen “Andersdenkender”. Und zweitens, weil der Klimaschutz zweifellos wohl das wichtigste Thema unserer Zeit ist. Wenn Hitze und Dürre grosse Teile der Erdoberfläche unfruchtbar machen, die Trinkwasserversorgung in weiten Teilen der Welt zusammenbricht und die Meeresspiegel so sehr ansteigen, dass Millionen von Menschen ihre Heimat verlieren, dann nützen auch die erfolgreichsten wirtschaftlichen Kennziffern, die ausgeklügeltsten Verkehrssysteme und die besten Sozialeinrichtungen nicht mehr viel. Doch ganz offensichtlich scheint auch den Medien der kurzfristige materielle Profit wichtiger zu sein als die gemeinsame Sorge um die Zukunft aller Menschen auf diesem Planeten.