Kämpfen, bis nur noch eine übrig bleibt

Zuerst begann es mit Krämpfen im hinteren Oberschenkel, die dann auf den Fuss ausstrahlten. Dann wurden die Schmerzen im Oberschenkel wieder stärker. So beschrieb Belinda Bencic ihren Leidensweg im Halbfinal der WTA Finals gegen Jelina Switolina, den sie beim Stand von 7:5, 3:6, 1:4 aufgeben musste. Zuvor waren ebenfalls verletzungsbedingt ausgeschieden: Kiki Bertens mit Fieber und hohem Blutdruck, Naomi Osaka wegen einer Verletzung an der Schulter und Bianca Andreescu wegen Knieschmerzen.

(www.srf.ch)

So will es das Konkurrenzprinzip, nicht nur im Sport – obwohl es hier besonders augenfällig in Erscheinung tritt -, sondern auch in der Arbeitswelt, von Firma zu Firma, von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz, in der Werbung, beim gesellschaftlichen Turteln um Image, Ansehen und Attraktivität, in der Schule, wo die Kinder gegeneinander um die besten Leistungen und die höchsten Noten kämpfen müssen. Etwas, was nie an ein objektives Ende gelangt, denn für jeden, der gut ist, gibt es immer noch einen, der besser ist, und so werden die Hürden, die man überspringen muss, immer höher und höher. Dass dabei die Freude und die Gesundheit auf der Strecke bleiben, liegt auf der Hand. Betrachtet man die Gesichter von Tennisspielerinnen und Kunstturnerinnen, von Angestellten, die unter hohem Zeitdruck arbeiten müssen, und von Schülerinnen und Schülern während einer Prüfung, so ist jegliches Lachen aus ihren Gesichtern verschwunden. So wie bei der Schlagersängerin Helene Fischer, von der kürzlich berichtet wurde, sie sei «grausam abgestürzt». Von der Bühne? Während einer Show? Bei einer Bergwanderung? Falsch. Abgestürzt ist Helene Fischer in einer Umfrage, mit der die beliebteste deutsche Frau ermittelt werden sollte. Gemäss dieser Umfrage ist Helene Fischer nicht mehr die beliebteste, sondern «nur» noch die achtbeliebteste Deutsche. Was für eine Katastrophe! Wann ist mit diesem Unfug endlich Schluss? Wann erkennen wir, dass ein System, in dem alles auf eine winzige Spitze ausgerichtet ist, während alle anderen, obwohl sie diese Erfolge doch mit ihrer Opferbereitschaft überhaupt erst möglich machen, dennoch früher oder später auf der Strecke bleiben, wann erkennen wir, dass dieses System an seiner eigenen Widersprüchlichkeit eines Tages zusammenbrechen muss?