Jetzt, wo die Polizei Seepromenaden, Spielplätze und Wandergebiete kontrolliert hat, könnte sie doch auch mal Baustellen, Fabrikhallen und Werkstätten kontrollieren

Zwei Meter, sagt D.H., sind die Gänge auf Baustellen in der Regel nicht breit, da könne man sich auf den Kopf stellen, “der nötige Sicherheitsabstand ist hier schlicht eine Illusion.” Doch mit seinen 64 Jahren und Vorerkrankungen, als Vorarbeiter seit sechs Jahren im gleichen Betrieb tätig, ist D.H. kein perfekter Kandidat fürs Homeoffice. Ähnlich wie D.H. geht es auch M.I. Er hat seinem Arbeitgeber ein ärztliches Attest vorgelegt, das seine Vorerkrankungen bestätigt, Lungenprobleme, Asthma. Doch das Unternehmen bescheinigt ihm schriftlich, dass er in einer Woche wieder auf der Matte stehen müsse und keine zweite Krankschreibung akzeptiert würde. Das Unternehmen hat ihm mit der Kündigung gedroht, sollte er der Arbeit fernbleiben.

(W&O, 14. April 2020)

Die Polizei war übers Osterwochenende an Seepromenaden, auf Sportplätzen und in Wandergebieten überaus präsent – um darüber zu wachen, dass die Menschen überall den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand einhalten. Weshalb sehen wir die Polizei jetzt, wo die Arbeitswoche wieder begonnen hat, nie in einer Fabrikhalle, einer Werkstatt oder auf einer Baustelle, wo es ebenfalls und sogar noch weitaus dramatischer um den Sicherheitsabstand und um die Gesundheit besonders gefährdeter Personen geht? Ist das der Unterschied zwischen dem öffentlichen Raum und jenem privatwirtschaftlichen Raum, in dem allein die Arbeitgeber das Sagen haben und die öffentliche Hand nichts zu suchen hat?