Hier Frieden, dort Krieg: die zerstörerischen Gesetze der Globalisierung

 

Da kann ich ja nicht einmal mehr an einer Socar-Tankstelle ein Gipfeli kaufen, ohne den Krieg Aserbaidschans gegen Armenien mitzufinanzieren. Socar, so berichtet der Tages-Anzeiger am 3. Dezember 2020, besitzt in der Schweiz zwei wichtige Tochtergesellschaften: Die Socar Energy Switzerland GmhH mit Sitz in Zürich, welche sämtliche frühere Esso-Tankstellen sowie 56 Tankstellenshops betreibt, und die Socar Trading SA in Genf, die mit Öl und Gas handelt. Beide Tochterfirmen befinden sich zu 100 Prozent im Besitz des Mutterkonzerns, der wiederum dem Staat Aserbaidschan gehört. Sämtliche Gewinne aus der Schweiz fliessen also direkt nach Baku. Im Krieg gegen Armenien waren die Milliarden, die Aserbaidschan mit Öl und Gas verdient, entscheidend. Modernste Waffensysteme wurden mehr oder weniger direkt aus den Öleinnahmen finanziert, 57 Prozent des Staatsbudgets kommen aus dem Ölgeschäft und rund 6 Prozent davon direkt von Socar. Socar Energy Switzerland, so Geschäftsführer Edgar Bachmann, sei eine “sehr schweizerische Firma”, nur sei ihr Aktionär eben international. Und auch SVP-Nationalrat Yves Nidegger, der Vertreter jener Partei, die bei jeder Gelegenheit schweizerische Eigenständigkeit und schweizerische Werte an ihre Fahne heftet, meint, er sähe keinen Grund, weshalb eine solche Firma in der Schweiz nicht willkommen sein solle. Schöne neue Welt und alle scheinen sich einig sein: hier die Gipfeli, dort der Krieg. Fein säuberlich beides voneinander getrennt, so dass die Täter nicht die Opfer sehen und die Ofer auch nicht die Täter. Die beiden Kehrseiten der kapitalistischen Münze: Hier Frieden, dort Krieg, hier Reichtum, dort Armut, hier der bekömmliche Sonntagsbraten, dort abgebrannte Wälder und verwüstete Länder, hier das glitzernde Spielzeug unter dem Weihnachtsbaum, dort zu Tode geschundene Arbeiterinnen in chinesischen Fabriken. Höchste Zeit, dass auf die wirtschaftliche Globalisierung, die immer gnadenloser und rücksichtsloser über den Erdball fegt, endlich ebenso systematisch und kompromisslos eine Globalisierung des Friedens, der Demokratie, der Menschenrechte und des guten Lebens für alle folgt. Damit Gerechtigkeit und Frieden weltweit nicht mehr seltene Ausnahmen sind, sondern die allgemein gültige Regel und ich nicht nur mein Gipfeli, sondern auch die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum, meine Rente und das Gemüse auf meinem Teller geniessen kann, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen…