Gesellschaftliche Ursachen steigender Jugendgewalt und Jugendkriminalität

Seit 2015 nimmt die Jugendkriminalität in der Schweiz von Jahr zu Jahr zu. Vor allem die Zahl der Gewaltstrafen steigt an. “Es setzt sich unter den Jugendlichen zunehmend eine Kultur der Wertschätzung von Gewalt durch”, so Dirk Baier, Professor ZHAW. “Was auffällt”, so Baier: “Unter den Delinquenten befinden sich überdurchschnittlich viele Migranten.”

(www.srf.ch)

Dass die Jugendkriminalität und die Jugendgewalt von Jahr zu Jahr zunehmen, kann nicht Zufall sein, sondern muss gesellschaftliche Ursachen haben. Und das ist relativ einfach zu erklären: Seit Jahren nehmen der Konkurrenzkampf, der Leistungsdruck am Arbeitsplatz und die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes kontinuierlich zu. Gestresste, erschöpfte, frustrierte Männer und Frauen kommen am Abend von der Arbeit nach Hause, alle sind einem permanenten Aufstiegs- und Abstiegskampf ausgeliefert. Diesen Druck, diese Ängste und Frustrationen nehmen die Kinder und Jugendlichen als empfindlichste Glieder der Gesellschaft am stärksten wahr, gleichsam als Seismographen, als Spiegelbilder jener Gesellschaft, in der sich ihre Eltern Tag für Tag abkämpfen und in denen viele von ihnen Tag für Tag weit über die Grenzen ihrer natürlichen Belastbarkeit hinaus gefordert sind. Die Gewalt des Wirtschaftssystems, dem ihre Eltern ausgeliefert sind, wird zur potenziellen Gewalt, die sich in den Kindern und Jugendlichen aufstaut und bei vielen von ihnen eines Tages dann als manifeste verbale oder körperliche Gewalt zutage tritt. Es ist daher auch kein Zufall, dass Jugendgewalt bei Migranten und Migrantinnen besonders häufig auftritt: Es ist jene gesellschaftliche Gruppe, die dem Arbeitsdruck, aber auch den Zukunftsängsten in ganz besonders hohem Masse ausgesetzt ist. Es genügt daher nicht, in den Schulen Präventionsprogramme gegen Gewalt durchzuführen. Statt bloss die Symptome zu bekämpfen, müssen die Ursachen bekämpft werden: Ziel muss es sein, eine Arbeitswelt und ein Wirtschaftssystem aufzubauen, das nicht von gegenseitigem Konkurrenzkampf geprägt ist, sondern von Kooperation, Sicherheit, fairen Löhnen und einem guten Leben für alle. Verschwindet die Gewalt in der Arbeitswelt, dann wird sie automatisch auch in der Form von Jugendgewalt und Jugendkriminalität verschwinden…