G-20-Gipfel in Rom: Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind

 

Der G-20-Gipfel in Rom hätte Wegbereiter sein können für die am 1. November 2021 beginnende zweiwöchige Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow. “Stattdessen”, so der “Tagesanzeiger”, “haben die grossen Wirtschaftsmächte einmal mehr offenbart, dass sie sich nicht einig sind über die Dringlichkeit beim Kampf gegen die Klimaerwärmung.” Insbesondere der chinesische Staatschef Xi Jinping warf ein, der industrialisierte Westen hätte über Jahrzehnte keine Rücksicht nehmen müssen, er solle jetzt mal mit dem guten Beispiel vorangehen, denn es sei nicht einzusehen, weshalb die aufstrebenden Mächte nicht dieselben Chancen haben sollten wie früher die Konkurrenz. Xi Jinping brachte es damit tatsächlich auf den Punkt: Alles begann damit, dass ein Teil der Welt – allen voran Europa und Nordamerika – reicher und mächtiger sein wollten als der Rest der Welt. Wichtigstes Instrument war dabei die Industrialisierung: Je mehr Industrialisierung, umso mehr Reichtum und Macht. Und damit war ein globaler Wettkampf entbrannt, der bis heute andauert und sich sogar im Laufe der Zeit noch immer mehr verschärft hat. Dass die ärmeren und “zurückgebliebenen” Länder die gleichen Chancen fordern wie die reichen Länder des Nordens, kann man ihnen nicht verargen. Wir, die reichen Länder des Nordens, haben tatsächlich kein Recht, anderen Ländern jenen Weg zu versperren, den wir selber seit Jahrhunderten so erfolgreich beschritten haben. Und doch entpuppt sich dieser Weg angesichts der drohenden Klimakrise als fataler Irrweg. Würden nämlich alle Länder der Welt so viele Schadstoffe produzieren wie die reichen Industrienationen und würden alle Länder der Welt einen so grossen ökologischen Fussabdruck aufweisen wie zum Beispiel die Schweiz, welche drei Mal mehr Rohstoffe und Energie verbraucht, als die Erde im gleichen Zeitraum wieder nachwachsen lässt – dann wäre der totale Klimakollaps schon längst Tatsache. Dies bedeutet, dass sich die vermeintliche Fahrt ins Paradies, welche die reichen Länder des Nordens vorgespurt haben und der die armen Länder des Südens eifrig nachfolgen, je länger je mehr als eine Fahrt in die Hölle entpuppt. Deshalb kann man noch so viele G-20-Gipfel und noch so viele Weltklimakonferenzen abhalten: So lange nicht am Dogma blindwütiger Industrialisierung und Technologisierung, militärischer Aufrüstung, endloser Profitmaximierung und Wachstumsgläubigkeit gerüttelt und das globalisierte, auf Ausbeutung von Mensch und Natur ausgerichtete kapitalistische Wirtschaftsmodell nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, kann sich nicht wirklich etwas ändern und wird man nach der Weltklimakonferenz vermutlich ebenso enttäuscht und ernüchtert sein wie nach der Konferenz der 20 grössten Industrienationen. Denn, wie Albert Einstein es so treffend formulierte: “Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.”