Erschwingliche Kreuzfahrt dank Hungerlöhnen und extremen Arbeitszeiten

Sie bereisen die ganze Welt, legen quasi jeden Tag in einem anderen Hafen an und sehen fast nie etwas vom Land. Sie arbeiten täglich bis zu zwölf Stunden, an sieben Tagen die Woche: die Aushilfen in Küche und Wäscherei an Bord von deutschen Kreuzfahrtschiffen. Meist stammen sie aus Niedriglohnländern wie Indonesien, den Philippinen oder Indien. Ihr Zuhause an Bord sind fensterlose Kabinen, mit Stockbett, Spind und Mini-Schreibtisch. Ein enger Raum, den sich bis zur vier Personen teilen müssen. Sie schuften tief im Bauch des Schiffes, bis zu zehn Monate am Stück, ehe sie wieder nach Hause zu ihren Angehörigen fliegen dürfen. So sieht es in der Parallelwelt auf Traumschiffen aus. In den Restaurants, Bars und Shops nehmen die Passagiere das Personal meist als gut gelaunte Crew war, denen ein «Good morning, Sir» leicht über die Lippen geht. Unter Deck herrscht eine Zweiklassengesellschaft: Die wenigen höher qualifizierten Angestellten, wie zum Beispiel ein Versorgungsoffizier, bleiben nicht länger als drei Monate an Bord. Sie sind meist EU–Bürger. Küchen- und Deckhilfen verpflichten sich neun bis elf Monate am Stück. Sie verdienen weniger und erhalten vom Arbeitgeber nach Verlassen des Schiffes keine soziale Absicherung.

Kein Kreuzfahrtschiff fährt mehr unter deutscher Flagge. Aus Kostengründen schippert die Aida-Flotte unter italienscher Flagge. Denn Schiffseigner müssen in Italien keine Lohnsteuer abführen. MSC Cruises sitzt in der Schweiz, deren Schiffe sind in Panama und Malta registriert. Die Gehälter liegen deutlich unter dem deutschen Mindestlohn, der im Jahr 2018 8,84 Euro pro Stunde beträgt. Löhne zwischen 3 und 5 Dollar die Stunde sind keine Seltenheit. Das entspricht einem Stundenlohn von umgerechnet 2,65 bis 4,40 Euro. Die extremen Arbeitszeiten und die geringen Löhne tragen dazu bei, dass Kreuzfahrten heute für viele erschwinglich sind.

(www.stern.de)

Doppelte und dreifache Ausbeutung. Denn die oben sind ja nicht deshalb so reich, weil sie so viel geschuftet hätten. Sie sind deshalb so reich, weil sie das unglaubliche Glück hatten, nicht in Indonesien oder den Philippinen, sondern in Schweden oder der Schweiz geboren zu sein. Und nun werden sie, nachdem sie schon eine glückliche Kindheit hatten und ihnen alles Lebensnotwendige in Hülle und Fülle zur Verfügung steht, erst noch damit belohnt, dass sie sich solche Luxusvergnügungen wie eine Kreuzfahrt leisten können. Während die unten sich noch so abrackern können und trotzdem nie in den Genuss eines Lebens gelangen werden, das sich nur im Allerentferntesten mit jenem der Glücklichen und Reichen oben an Deck vergleichen lässt. Was für eine ungerechte Welt…