Energieunternehmen: Milliardengewinne, während die Menschen hungern und frieren…

 

“Die Schreckensnachricht kam an diesem Freitag”, so berichtet die “NZZ am Sonntag” vom 28. August 2022, “schon in den Morgennachrichten verkündete die britische Aufsichtsbehörde Ofgem, dass die Versorgeunternehmen ihre Preise ab Anfang Oktober um 80 Prozent anheben dürfen – ein Schlag nicht nur für die Ärmsten der Armen, sondern auch für jede normale Familie. Ein durchschnittlicher Haushalt wird dann für Gas und Elektrizität umgerechnet 337 Franken im Monat zahlen müssen, derzeit sind es 186 Franken. Für manche Engländerinnen und Engländer wird das bedeuten, seltener zum Friseur zu gehen, Ferien zu streichen und auf eine neue Kleidung zu verzichten. Manche sorgen sich gar, ob sie es sich noch leisten können, ihr Dialysegerät einzuschalten.”

Nicht nur in Grossbritannien, sondern weltweit leiden die Menschen unter steigenden Energiepreisen. Gleichzeitig haben die fünf grössten westlichen “Big Oil”-Konzerne im 2. Quartal 2022 die Rekordsumme von 62 Milliarden Dollar verdient. Von 4,7 Milliarden Dollar im 2. Quartal 2021 stieg der Gewinn von ExxonMobil auf 17.9 Milliarden Dollar im 2. Quartal 2022, Shell steigerte seinen Gewinn von 5,5 Milliarden Dollar auf 11,5 Milliarden, TotalEnergies von 3,5 auf 5,7 Milliarden und Repsol von 0,7 auf 2,7 Milliarden Dollar. “ExxonMobil”, so der amerikanische Präsident Joe Biden unlängst, “hat dieses Jahr mehr verdient als Gott.”

Drastischer könnte das Versagen des “Freien Markts” nicht zutage treten. Entgegen aller Vernunft, entgegen allen gesunden Menschenverstands hat dieser “Freie Markt” eine Eigendynamik entwickelt, die offensichtlich niemand mehr und schon gar nicht die Politikerinnen und Politiker auch nur annähernd im Griff haben. Während Menschen hungern und frieren, scheffeln Grosskonzerne Milliardengewinne. Das betrifft nicht nur die Versorgung mit Elektrizität, Erdöl und Gas, es betrifft beispielsweise auch die Lebensmittelversorgung in zahlreichen armen und sehr armen Ländern, wo vielerorts zwar ausreichend Nahrung vorhanden wäre, die Lebensmittelpreise aber so hoch sind, dass die meisten Menschen sie gar nicht kaufen können. Der “Freie Markt” richtet sich eben nicht in erster Linie nach den Bedürfnissen der Menschen, sondern nach den Bedürfnissen des Kapitals und der Konzerngewinne. Dabei beruht alles auf dem ominösen Glaubenssatz, wonach knappe Güter zwangsläufig teurer sein müssten als solche, die reichlich vorhanden sind. Doch was für ein teuflischer Glaubenssatz ist das denn? Ihm zu folgen, bedeutet nichts anderes, als Millionen von Menschen ins Elend zu stürzen und viel zu viele von ihnen dem Hunger und dem Tod preiszugeben.

Der Markt spiele “verrückt” – ist auch von Unternehmerseite immer wieder zu hören. Und unlängst meinte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck, der Gasmarkt sei so kompliziert, dass er selber auch nicht mehr den Durchblick hätte. Doch wenn der “Freie Markt” schon so verrückt spielt und so tödliche Auswirkungen hat: Weshalb setzen wir ihm nicht so schnell wie möglich ein Ende? Das wäre ja gar nicht so schwierig: Sämtliche Energiekonzerne müssten verstaatlicht werden, die weltweite Energieproduktion und Energieversorgung müssten so organisiert werden, dass die vorhandene Energie zu fairen Preisen und gerecht verteilt werden müsste und sich niemand auf Kosten anderer mit diesem Geschäft bereichern könnte. Allfällige “Überschüsse” dürften nie und nimmer in den Taschen von Aktionärinnen und Aktionären verschwinden, sondern müssten in die Förderung erneuerbarer Energiequellen investiert werden. Nur eine weltweit winzige Minderheit von Profiteuren würden sich wohl einem solchen Ansinnen entgegenstellen, während die ganz überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung zweifellos ganz erheblich davon profitieren würde.