Wollen wir eine Zukunft, in der es statt echter Kinder nur noch liebe kleine KI-Kinder gibt, die alle gleich aussehen und keine unbequemen Fragen mehr stellen?

Von zwei bis sechs Uhr nachts arbeitet sie in einer Bäckerei, tagsüber kümmert sie sich um den Haushalt und die beiden noch nicht schulpflichtigen Kinder. Ihr Mann ist Schichtarbeiter in einer Fabrik. Zusammen verdienen sie zu wenig, um sich einen Kitaplatz für die Kinder leisten zu können. Doch auch Alleinerziehende oder Eltern, denen es materiell etwas besser geht, treibt der Spagat zwischen dem Job – bzw. mehreren Jobs, wenn einer allein zum Leben nicht ausreicht -, der Hausarbeit und der Kinderbetreuung häufig bis an die Grenze ihrer körperlichen und psychischen Kräfte, oft zusätzlich belastet durch finanzielle Sorgen und Zukunftsängste. Über 150’000 Menschen in der Schweiz verdienen trotz voller Erwerbsarbeit zu wenig, um eine Familie ernähren zu können. Kein Wunder, überlegen sich immer mehr Menschen, ob sie überhaupt noch Kinder in die Welt setzen möchten.

Gleichzeitig werden Unmengen von Geld und Energie in technologische Innovationen investiert, in die zunehmende Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche, in die Entwicklung selbstfahrender Autos, in die Forschung und Perfektionierung der “Künstlichen Intelligenz” und in die wahnwitzige Idee, Menschen könnten eines Tages durch eben diese “Künstliche Intelligenz” überflüssig geworden sein. Doch damit längst nicht genug. Auch neue sechsspurige Autobahnen werden geplant, obwohl schon jedes Kind weiss, dass immer mehr Strassen zwangsläufig immer mehr Verkehr zur Folge haben. Und es werden ohne Unterlass, nur damit die Wirtschaft nicht zu wachsen aufhört, beständig neue Produkte erfunden, neue Bedürfnisse geschaffen und es wird mit immer aggressiveren Werbemethoden den Konsumentinnen und Konsumenten aufgeschwatzt, auch noch ihr letztes verbliebenes Geld zusammenzukratzen, um möglichst viele Dinge zu kaufen, die sie für ein gutes Leben gar nicht wirklich brauchen. Neuerdings gibt es schon sogenannte “Kältekammern”, in denen man sich drei Minuten lang bei minus 110 Grad fast zu Tode frieren kann – und man bekommt dafür kein Geld, sondern muss dafür sogar noch bezahlen, bis zu 200 Franken für eben diese drei Minuten.

Doch erstaunlicherweise regt sich nur wenig Widerstand gegen dies alles. Obwohl es nur schon in ökologischer Hinsicht der helle Wahnsinn ist. Allein die überall aus dem Boden schiessenden Rechenzentren, die es braucht, um die explosionsartig wachsenden Datenmengen zu speichern und zu verarbeiten, und die am weltweiten CO2-Ausstoss einen weitaus grösseren Anteil ausmachen als der gesamte Flugverkehr. Aber auch all der in immer grösserer Menge anfallende Elektroschrott und die Verschwendung von Wasser, Rohstoffen und weiteren natürlichen Ressourcen, die alle eines Tages unwiederbringlich aufgebraucht sein werden und deren rücksichtsloser Abbau heute schon überall verseuchte, verwüstete und unbewohnbar gewordene Landschaften hinterlässt. Aber lieber streitet man sich darüber, wo noch weitere Windräder, Solaranlagen oder Atomkraftwerke gebaut werden könnten, statt darüber, welche technischen Innovationen im Hinblick auf echte Lebensqualität, auf die Schonung natürlicher Ressourcen und auf die Erhaltung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen überhaupt Sinn machen und gesamtgesellschaftlich zu verantworten sind und welche nicht.

Doch alles halb so schlimm. Wahrscheinlich werden wir sowieso schon bald keine echten Kinder mehr haben, die Wasser, Nahrung, frische Luft und Platz zum Spielen brauchen. Sondern nur noch ganze viele liebe kleine KI-Kinder, weltweit alle mit dem gleichen hübschen Gesicht, dem genau gleichen Lachen, den genau gleichen blauen Augen, den genau gleichen blonden Haaren, lauter liebe kleine KI-Kinder, die nicht mehr unseren Schlaf stören, nicht mehr mitten in der Nacht gewickelt werden müssen und gewiss auch nie mehr irgendeine unbequeme Frage stellen werden. Schöne neue Welt…