Eine neue Form der Demokratie

Regierungsräte im Hipster- oder Snowboarder-Look – mit solchen Photoshop-Bildern wird für die Bündner Jugendsession am kommenden Wochenende geworben. 120 Plätze waren dafür zu vergeben, doch angemeldet sind gerade mal 35 Jugendliche. Nicola Stocker, Präsident der Jugendsession und Mitglied der Jungen SVP, ist enttäuscht: «Wir haben denjenigen, die auf die Strasse gehen, Hand geboten und das Thema Klima ganz oben auf die Traktandenliste gesetzt.» Darüber, weshalb sich die Jugendlichen offenbar kaum dafür begeistern lassen, Parlamentsluft zu schnuppern, rätselt auch Juso-Mitglied Sina Menn: «Vielleicht gehen Jugendliche lieber auf die Strasse, weil sie das Gefühl haben, damit mehr erreichen zu können».

(www.srf.ch, 4. April 2019)

Seit vielen Jahren gibt es Jugendparlamente und Jugendsessionen. Erreicht haben sie bis heute praktisch nichts. Das liegt in der Natur der Sache: Erfolg haben stets nur jene Anliegen, die auf möglichst wenig Widerstand stossen. Wirklich neue, kreative Ideen werden als utopisch abgetan und fallen aus dem Rahmen. Und schliesslich sind es zuletzt immer die Erwachsenen, die darüber entscheiden, welche der von den Jugendlichen eingebrachten Themen Zugang in die «hohe» Politik finden und welche nicht. Anders die Strassenkundgebungen der «Klimajugend». Die Strasse gehört allen, nicht nur den Erwachsenen. Und jedes Votum, und sei es noch so radikal, findet auf den Transparenten ungefiltert den Zugang an die Öffentlichkeit. Schliesslich gibt der Erfolg den streikenden Jugendlichen Recht: Ohne ihr Engagement wären die jüngsten Kantonsrats- und Regierungsratswahlen in Zürich, Luzern und Baselland wohl ganz anders ausgefallen. Hätte Greta Thunberg ihre Anliegen in einem schwedischen Jugendparlament eingebracht, wüsste vermutlich heute kein Mensch etwas von ihr und ihre Ideen wären in der Mühle der traditionellen «Demokratie» fein säuberlich zermahlen worden….