Wenn diejenigen, die sich um die Pflege Kranker und Alter kümmern, selber krank werden

In einer Umfrage der Unia bei den Pflegepersonen in der Langzeitpflege gaben 47 Prozent der Befragten an, dass sie nicht bis zur Pensionierung in der Pflege arbeiten wollen. Bei den Fachangestellten Gesundheit (FaGe) lag der entsprechende Anteil sogar bei 52 Prozent. Auch beim diplomierten Pflegefachpersonal ist der Ausstiegswunsch mit 45 Prozent augenfällig. Hauptgrund für den Ausstiegswunsch sind gesundheitliche Probleme. Jede Zweite (49 Prozent) will aufhören, weil der Pflegeberuf ihre Gesundheit schädigt oder ruiniert. Zum einen sind Pflegeberufe per se körperlich und psychisch belastend. Mit der Subjektfinanzierung sei die Pflege zudem ökonomisiert worden.

Die Zerstückelung der einzelnen Leistungen habe die Arbeit intensiviert und stressanfälliger gemacht, erklärten die Unia-Vertreter. 86 Prozent der Befragten fühlen sich laut Umfrage oft müde und ausgebrannt. 72 Prozent gaben an, regelmässig unter körperlichen Beschwerden zu leiden. 70 Prozent erklärten über alle Berufsgruppen hinweg, sie fühlten sich während der Arbeit ständig gestresst. Zu den gesundheitlichen Risiken kommt hinzu, dass sich die Pflegenden unterbezahlt fühlen. 79 Prozent erachten ihren Lohn als den Anforderungen nicht angemessen, diese Klage kommt insbesondere von Assistenzpersonal. Eine Pflegehelferin mit einem Pensum von 72 Prozent verdient gemäss den Unterlagen knapp 2900 Franken brutto. Der durchschnittliche Beschäftigungsgrad in der stationären Langzeitpflege in der Schweiz liegt bei 72 Prozent. Viele Pflegende arbeiten angesichts der schwierigen Arbeitsbedingungen Teilzeit. Fast 90 Prozent der Angestellten in der Langzeitpflege sind Frauen. 87 Prozent waren der Meinung, dass zu wenig Personal angestellt sei. Der gleiche Prozentsatz gab an, nicht genügend Zeit für Bewohner und Patientinnen zu haben. Das Resultat der Überlastung sei eine mangelhafte Qualität der Pflege (92 Prozent).

(www.20minuten.ch)

Dass ausgerechnet jene, die sich um die Gesundheit anderer kümmern, selber dabei krank werden, ist der blanke Hohn. Schuld daran ist einmal mehr das kapitalistische Optimierungsprinzip von Input und Output, wonach zu den geringsten Kosten die grösstmögliche Effizienz zu erzielen ist. Dazu als zweiter kapitalistischer Hammerschlag die relativ geringe Entlöhnung des Pflegepersonals. So kommen zu den Schmerzen im Rücken und in den Beinen die Schmerzen in der Seele: die Demütigung, so hart und aufopfernd zu arbeiten und dennoch so wenig zu verdienen…

Zwei Lösungsvorschläge sind angesagt. Erstens die vollständige Befreiung der öffentlichen Grundversorgung vom Kosten-Nutzen-Wettbewerb. Für eine gewisse Anzahl von Heimbewohnern bzw. Patientinnen braucht es so und so viel Personal. Basta. Dann können die Pflegenden vollumfänglich ihre Arbeitszeit dem Berufsauftrag widmen und müssen nicht stundenlang am Computer sitzen und Formulare ausfüllen. Zweitens die Einführung eines Einheitslohns, in diesem wie in jedem anderen Beruf. Dann könnte man auch noch von einem 50-Prozent-Job anständig leben.

Hier mehr zum Thema Einheitslohn: https://www.petersutter.ch/2018/12/was-ist-ein-gerechter-lohn.html