“Eigentlich verdiene ich mehr, als ich bräuchte, um in dieser Gesellschaft in Würde leben zu können.”

 

“Mit 6900 Euro brutto monatlich”, sagt der an der Universität Dortmund lehrende Philosophieprofessor Christian Neuhäuser im Tages-Anzeiger vom 12. Dezember 2020, “bekomme ich deutlich mehr Geld, als ich bräuchte, um in dieser Gesellschaft in Würde leben zu können.” Endlich sagt es mal einer – im Gegensatz zu Millionen seiner Artgenossen, die sich entweder gar nicht getrauen, ihr Einkommen publik zu machen, oder die abertausende noch so absurde Argumente ins Feld führen, um ihre hohen Löhne zu rechtfertigen. Wie aber klingt wohl eine solche Aussage, wie sie Christian Neuhäuser machte, in den Ohren einer alleinerziehenden Mutter, die monatlich gerade mal 2500 Franken zur Verfügung hat, für das Essen, die Miete, die Kleider, die Krankenkassenprämie, für alles? Hat sie nicht genau das gleiche Recht, “in dieser Gesellschaft in Würde leben zu können”? Christian Neuhäuser hat mit seiner Aussage einen ersten, kleinen, aber sehr wichtigen Schritt getan. Doch wie viele Jahrzehnte vermehrten kritischen Bewusstseins, wachsender Solidarität und wachsenden Gerechtigkeitsempfindens wird es wohl noch brauchen, bis Einkommen und Vermögen gerecht verteilt sind, entweder ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt ist oder, noch besser, ein Einheitslohn, und nicht mehr nur einige wenige, sondern alle Menschen auf diesem Planeten “in Würde leben können?”