Drogenfreie Gesellschaft: Ja, aber…

«Drogenkonsumenten sind oftmals sehr sensible Menschen, Menschen, die dem Leistungsdruck in unserer Gesellschaft und schon in der Schule nicht standhalten und dann in einen Teufelskreis hineinkommen: Sie sind nirgends erfolgreich und mit den Drogen haben sie wenigstens ein gutes Gefühl. Aber die meisten möchten von dieser Abhängigkeit wieder wegkommen und frei und selbstbestimmt leben.»

(Andrea Geissbühler, Nationalrätin SVP, in der Diskussionssendung «Arena» vom 15. November 2019 am Schweizer Fernsehen mit Befürworterinnen und Gegnern einer Drogenliberalisierung)

Erstaunlich, dass ausgerechnet die SVP-Vertreterin in der Diskussionsrunde die wohl pointierteste Kapitalismuskritik äussert: Drogenkonsum als Flucht, als Reaktion oder als Ausgleich zu einer immer härteren Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft, die schon in der Schule beginnt und die Menschen kleinmacht, bevor sie überhaupt gross geworden sind. Wäre dann das Ziel einer drogenfreien Gesellschaft doch nicht so gänzlich aus der Luft gegriffen, wie dies von liberaler und linker Seite immer wieder behauptet wird? Könnten sich «links» und «rechts» vielleicht sogar in dem Punkte treffen, dass eine drogenfreie Gesellschaft tatsächlich das anzustrebende Ziel sein müsste, aber, und das ist das Entscheidende, nicht mithilfe von Repression und Verboten, sondern mithilfe einer Umgestaltung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse und der Arbeitswelt, so dass sich alle Menschen rundum wohlfühlen, Wertschätzung und Anerkennung erfahren, in Musse, mit Freude, selbstbestimmt und ohne permanenten Leistungsdruck lernen und arbeiten können, genügend Pausen, Erholung und Ferien haben, in ihrer täglichen Arbeit Sinn, Erfüllung und Befriedigung erfahren, ihre Ideen, ihre Phantasie und ihre Persönlichkeit ausleben können – und so jeden Tag auf natürliche Weise all jene Glücksgefühle erfahren, welche ihnen sonst nur der Konsum einer Droge vermitteln könnte. Andrea Geissbühler und mit ihr die ganze SVP seien herzlich eingeladen, sich aktiv an dieser gesellschaftlichen Umgestaltung zu beteiligen, denn das ist eine so grosse Aufgabe, dass sie nicht nur von einer einzelnen politischen Kraft bewältigt werden kann.