Digitalisierung um jeden Preis – mit unabsehbaren Folgen…

 

Ob “linke”, “rechte” oder “grüne” Parteien, ob die USA, Europa, Russland oder China: Bei nichts herrscht so grosse Einmütigkeit, so viel Übereinstimmung wie beim Ziel, die Digitalisierung voranzutreiben. Vollends absurd wird diese Forderung, wenn gleichzeitig der Kampf gegen den Klimawandel als vorrangiges Ziel genannt wird, ist die Digitalisierung doch einer der grössten Klimakiller. Dazu ein paar Zahlen, entnommen der “Wochenzeitung” vom 7. Oktober 2021: Die globale Digitalisierung verbraucht soviel Wasser, Rohstoffe und Energie, dass ihr ökologischer Fussabdruck dreimal so gross ist wie der von Ländern wie Frankreich oder Grossbritannien. Die digitalen Technologien benötigen inzwischen einen Zehntel des weltweit erzeugten Stroms und sind für fast vier Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich – knapp doppelt so viel wie der weltweite zivile Luftverkehr! Für die Herstellung eines PCs, der zwei Kilo wiegt, braucht es 22 Kilo Chemikalien und 1,5 Tonnen sauberes Wasser. Und zur Herstellung eines Smartphones, das 150 Gramm wiegt, braucht es sogar 183 Kilo Rohstoffe. Die grössten Energieschleudern sind die Rechenzentren. Diese mit Servern vollgestopften Betonbunker vermehren sich zusammen mit den Daten, die das digitale Universum fluten: Das weltweite Sammeln aller möglichen Daten wird bereits in nächster Zukunft den Bedarf an Rechenzentren verzehnfachen. Schon heute nehmen Rechenzentren gigantische Ausmasse an, so etwa beträgt die Grundfläche des weltweit grössten Rechenzentrums südlich von Peking 600’000 Quadratmeter, was etwa 100 Fussballfeldern entspricht. Dazu kommt, dass die Anlagen rund um die Uhr gleichmässig gekühlt werden müssen, wofür wiederum Unmengen an Wasser und Strom verbraucht werden. So stehen auf den Dächern mehrerer Rechenzentren mitten in New York Kühlwassertürme für die Klimaanlage, Reservewassertanks für den Notfall und Kräne, mit denen Dieselgeneratoren von der Strasse in die Höhe gehievt werden können. In den Kellergeschossen befinden sich mehrere tausend Liter fassende Heizöltanks zur Versorgung der Generatoren. Um die digitalen Netze jederzeit zu garantieren, werden heute Serveranlagen auf verschiedenen Erdplatten gespiegelt, das heisst, eine Serveranlage mit den genau gleichen Daten gibt es mehrfach, damit die Daten zum Beispiel im Falle eines Erdbebens gesichert sind und keine Übermittlungsunterbrüche erfolgen können. So gibt es zum Beispiel den E-Mail-Dienst Gmail in insgesamt sechs Kopien. Und für Chatvideos gilt die Regel, dass sie in mindestens sieben Rechenzentren an verschiedenen Orten der Welt gespeichert werden. Kein Wunder, nimmt der Stromverbrauch der Rechenzentren kontinuierlich zu. Allein im Grossraum Paris wird bereits ein Drittel der gesamten Elektrizität von Rechenzentren verbraucht. Und mit der Einführung der neuen 5G-Technologie wird die Datenmenge um einen weiteren Quantensprung explodieren… Keine Frage, die Digitalisierung ist ein Meilenstein auf dem Weg der technischen Fortschritte, welche die Menschheit im Laufe der Zeit entwickelt hat. Und doch wird der Preis, den wir dafür bezahlen, immer höher. Eines Tages werden wir schlicht und einfach nicht mehr genug Strom haben, um alle Rechenzentren und die, welche den heutigen noch folgen werden, zu betreiben. Eines Tages werden die Rohstoffe, die man benötigt, um Computer und Smartphones herzustellen, aufgebraucht sein. Eines Tages werden die weltweit miteinander verknüpften Datennetze und die Flut der gespeicherten Informationen so gross sein, dass schon die kleinste Panne zum Einsturz des Ganzen führen kann, mit unabsehbaren Folgen. Im gleichen Artikel der “Wochenzeitung”, dem ich obige Zahlen entnommen habe, wird auch über die neuesten Entwicklungen in der Robotertechnik berichtet. Bereits sind Roboter im Investmentbanking im Einsatz und sollen bald schon eigenständige Entscheide über Finanzinvestitionen tätigen können. Und schon im Jahre 2017 wurde in einem Hongkonger Finanzinstitut ein Roboter in den Vorstand berufen. Und dann frage ich mich: Muss denn wirklich alles, was technisch machbar ist, früher oder später auch Wirklichkeit werden? Oder bräuchte es nicht, als Gegengewicht zum Fortschritt der Technik, so etwas wie politische, wissenschaftliche und ethische Leitplanken, um den technischen Fortschritt in Bahnen zu lenken, die dem guten Leben für alle Menschen, im Respekt gegenüber der Natur und gegenüber den Lebensbedürfnissen zukünftiger Generationen, dienlich sind. Das wünschte ich mir von jenen Politikern und Politikerinnen, die heute alle in so seltener Einmütigkeit ein möglichst rasches und ungehindertes Fortschreiten der Digitalisierung im gegenseitigen Wettrennen zwischen Ländern und Kontinenten propagieren…