Die vielgelobte Demokratie, die angeblich im Kampf der Ukraine gegen Russland verteidigt werden soll, wird uns zur Zeit ganz gehörig unter unseren eigenen Füssen weggezogen…

 

Gemäss Angaben der Veranstalterinnen sind am Samstag, 25. Februar 2023, rund 50’000 Menschen einem von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer lancierten Friedensappell gefolgt und haben in Berlin für eine sofortige Waffenruhe und baldmöglichste Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine demonstriert. Gespannt habe ich am Tag danach in die “Sonntagszeitung” und in die “NZZ am Sonntag”, die beiden wichtigsten Schweizer Sonntagszeitungen, geschaut, in der Erwartung, noch Ausführlicheres über diese Kundgebung zu erfahren, über die Reden, die da gehalten wurden, über Stimmen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Demonstration, über die Wirkung, die dieser Anlass auf die politischen Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen haben könnte. Doch Fehlanzeige auf der ganzen Linie: Kein einziges Wort, kein Bild, einfach nichts zu diesem Thema. Dafür, in der “Sonntagszeitung”, ein zweiseitiger (!) Bericht über eine von Ukrainerinnen in der Schweiz veranstaltete Modeschau mit Kleidern, die während dem Krieg genäht wurden und die nun zur Unterstützung der in der Heimat Verbliebenen verkauft werden sollen.

Dabei hätte man mit einer angemessenen Berichterstattung über die Friedensdemonstration in Berlin eine ganze Zeitung füllen können. Allein die hervorragenden Reden von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer hätten es verdient gehabt, in vollem Wortlaut wiedergegeben zu werden. Und erst recht von allgemeinem Interesse wären die Ausführungen des US-amerikanischen Ökonomen Jeffrey Sachs gewesen, zugeschaltet per Videoübertragung, der die Vorgeschichte des russischen Angriffs auf die Ukraine aufrollte und darauf hinwies, dass die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland bereits 2014 mit dem Regierungsputsch auf dem Maidan und dem geplanten Einbezug der Ukraine in die NATO begonnen hatten und man deshalb eigentlich jetzt nicht den ersten, sondern den neunten Jahrestag dieses Kriegs begehen müsste. Interessant wäre es auch gewesen, etwas über die Beweggründe dieser doch immerhin 50’000 Menschen zu erfahren, die sich für die Teilnahme an diesem Anlass entschieden hatten. Und ganz bestimmt hätte man fairerweise auch ein paar Worte darüber verlieren müssen, dass ein so grosser Anlass so friedlich verlief und es – trotz zahlreicher Unkenrufe von allen Seiten – zu keinerlei Gewaltausschreitungen “extremer” Gruppierungen kam. 

Man kann – seitens der Politik, aber auch seitens der mit ihr mehr oder weniger im Gleichschritt marschierenden Medien – die öffentliche Meinung auf verschiedene Arten beeinflussen. Die eine besteht darin, über gewisse Dinge zu sprechen, über andere aber nicht. Ein besonders krasses Beispiel dafür sind die Anschläge auf die Gaspipeline Nordstream 2 vom 26. September 2022, wo vieles darauf hindeutet, dass die USA, möglicherweise im Bunde mit Norwegen, dahinter stecken könnten, weitere Abklärungen und Informationen aber nach wie vor beharrlich unter dem Deckel gehalten werden. Bemerkenswert und ebenfalls von den Mainstreammedien weitgehend ausgeblendet ist die Tatsache, dass die russische Regierung im Oktober 2022 die offizielle Bitte an Bundeskanzler Scholz gerichtet hatte, russische Experten an der Untersuchung der Anschläge zu beteiligen – eine Anfrage, die bis zum heutigen Tag unbeantwortet geblieben ist, und dies, obwohl Russland die Pipelines gebaut und finanziert hat und immer noch deren Eigentümer ist. Ein weiteres Beispiel ist der Versuch Putins Ende 2021, mit der USA eine Lösung bezüglich NATO-Beitritt der Ukraine auszuhandeln, was von der US-amerikanischen Regierung in Bausch und Bogen verworfen wurde. Ein weiteres Beispiel ist die Initiative des israelischen Ministerpräsidenten Bennett anfangs März 2022, der die Ukraine und Russland beinahe dazu gebracht hatte, einer gemeinsamen Friedenslösung zuzustimmen, wenn nicht die USA und Grossbritannien interveniert und die Initiative zu Fall gebracht hätten.

Eine zweite Möglichkeit, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, besteht darin, dem “Gegner” unlautere Motive zu unterstellen. So waren die westlichen Führungsmächte dem Vorschlag Chinas für eine Friedenslösung zwischen Russland und der Ukraine von Anfang an skeptisch bis ablehnend gegenüber eingestellt, indem China vorgeworfen wurde, an der Seite Russlands zu stehen, obwohl sich China von Anfang an bewusst neutral verhalten hatte. Man schlug die Türe zu, bevor sie noch richtig aufgemacht worden wäre. Überhaupt werden Meinungsäusserungen einzelner Politikerinnen und Politiker sowie von Regierungen höchst unterschiedlich gewertet und öffentlich dargestellt, je nachdem, von welcher Seite sie kommen. Während bei Wortführerinnen und Wortführer einer Friedenslösung wie Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer oder Ex-General Erich Vad auch noch das kleinste Haar in der Suppe gesucht wird, darf die deutsche Aussenminister Analena Baerbock in aller Öffentlichkeit bekanntgeben, Deutschland befinde sich mit Russland im Krieg und Ziel müsse es sein, Russland zu ruinieren, während der ukrainische Präsident Selenski ohne mit der Wimper zu zucken vom Westen die Lieferung von international geächteten Waffen wie Streumunition und Phosphorbomben fordert und dennoch immer noch als Held im Kampf für Freiheit und Demokratie gefeiert wird.

Wer mit Tatsachen und der Wahrheit so einseitig und so liederlich umgeht, wie das die tonangebenden westlichen Führungsmächte und der grosse Teil der Mainstreammedien tun, macht sich verdächtig. Wer die Wahrheit scheut, scheint von Angst getrieben zu sein. Wer keine Angst hat, braucht auch die Wahrheit nicht zu scheuen, kann alles ehrlich offenlegen, braucht nichts unter den Teppich zu kehren und kann es – das zumindest müsste man von einer Demokratie erwarten – getrost den Bürgerinnen und Bürgern überlassen, sich ihre eigene Meinung zu bilden. Die vielgelobte Demokratie, die angeblich im Kampf der Ukraine gegen Russland verteidigt werden soll, wird uns zur Zeit ganz gehörig unter unseren eigenen Füssen weggezogen…