Die Klimabewegung: Es braucht nicht nur technische, sondern auch philosophische Debatten

 

Reduktion der Treibhausgasemissionen und der Erderwärmung. CO2-Steuern. Förderung erneuerbarer Energieproduktion. Ausstieg aus dem Kohleabbau. Emissionsarme Verkehrssysteme. Elektromobile statt mit Benzin angetriebene Autos. Wirksamere Gebäudeisolationen. Dies einige der zentralen Forderungen der Klimabewegung. Und ja: Wenn sich dies alles im Rahmen der demokratischen Meinungsbildung und Gesetzgebung mithilfe der nötigen politischen Mehrheiten nicht realisieren lasse, dann müsste man, so die offizielle Position der Klimabewegung, über einen Systemwechsel nachdenken, einen “System Change”. Was aber, wenn es dann bereits zu spät wäre? Müsste man über den “System Change” nicht besser jetzt schon nachdenken, die Reihenfolge sozusagen umkehren: zuerst der “System Change”, dann, darauf aufbauend, die sich daraus ergebenden umweltpolitischen, sozialen und technologischen Konsequenzen? Oder noch besser: Beides zugleich, sich gegenseitig ergänzend, das eine auf dem anderen aufbauend. Ja, es braucht, neben der technischen, unbedingt auch eine “philosophische” Debatte, und zwar von Anfang an: Wie soll die Welt aussehen, in der wir in zehn, zwanzig Jahren leben werden? Kann es uns gelingen, eine Wirtschaft, die auf immerwährendes Wachstum ausgerichtet ist, so zu transformieren, dass sie sich nur noch in sich selber regulierenden Kreisläufen bewegt? Braucht es in Zukunft noch Waffen und Armeen oder könnten die Länder nicht lernen, ihre Konflikte auf friedliche Art zu lösen? Soll Geld weiterhin dazu dienen, über andere Menschen Macht auszuüben, oder sollte es nicht vielmehr wieder ganz und gar auf seine ursprüngliche Funktion als Tauschmittel zurückgeführt werden? Wie könnte es gelingen, die Reichtümer und Güter der Erde gerecht unter allen Menschen zu verteilen und gleichzeitig die Gesetze der Erde, der Natur und der Zukunft zu beachten? Wie wäre Arbeit zukünftig zu organisieren, dass sie die Menschen nicht mehr krankmacht? Was ist ein gutes Leben und was müsste unternommen werden, um es allen Menschen dieser Erde möglich zu machen, ganz unabhängig davon, wo sie geboren wurden? Alles hängt mit allem zusammen, und die Klimaerwärmung ist nur die Spitze von alledem, wenn auch wohl die bedrohlichste. Das ist die grosse Hoffnung, die tiefste Sehnsucht aller Menschen, die nicht endenwollende Suche nach dem Paradies: Dass eine andere Welt möglich ist. Und dass wir uns gerade an jenem historischen Punkt befinden, den Anfang dieser neuen Zeit zu erleben…