Die kapitalistische Welt ist eine zerstückelte Welt

Werfen wir einen Blick auf die Schlagzeilen der heutigen online-Plattform von «20minuten», dann lesen wir hier unter anderem: Mädchen (4) stirbt nach Unfall mit Skifahrer. Die Leute verzweifeln am neuen Netflix-Film. Berliner Autofahrer rast in Fussgängergruppe. Randalierer bricht tot vor Polizeiwache zusammen. Im Januar steht uns ein Super-Blutmond bevor. Zweiter Sturz beim Super-G in Bormio innert 24 Stunden. Der Vulkan Anak Krakatoa in Indonesien ist plötzlich 228 Meter kleiner. Migros verzichtet auf Feuerwerk-Verkauf. An der Fasnacht in Wohlen AG gibt’s nur noch Poulet. Sarah und Pietro Lombardi lassen sich 2019 scheiden. (www.20minuten.ch, 29. Dezember 2018)

Da freut sich der Kapitalismus. Denn diese Form von Kurzfutterhäppchen, mit denen die heutigen Medien – von der Gratiszeitung bis zum Fernsehen – immer häufiger daherkommen, entspricht ganz genau den Interessen des kapitalistischen Wirtschaftssystems und seiner Machterhaltung: Die Kurzfutterinformation gibt den Anschein, dass wir in einer bunten Welt von Zufälligkeiten leben, die je gegenseitig nichts miteinander zu tun haben. So bleibt der Blick auf das Geschehen der grossen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge versperrt. Man hätte an diesem heutigen Samstag nämlich beispielsweise auch darüber berichten können, wie viele Kinder an diesem einzigen Tag vor Hunger gestorben sind, während die Börsen weltweit explodieren und wieder ein paar Hundert Milliardäre um ein paar weitere Millionen reicher geworden sind. Man hätte noch viele andere Zusammenhänge innerhalb des kapitalistischen Systems aufdecken können, aber hierfür hätte es mehr gebraucht als ein paar Schlagzeilen. Bezeichnenderweise schafft sich der Kapitalismus – aufgrund des Konkurrenzprinzips, dem die Medien in ihrem Wettlauf um die Gunst der Leserinnen und Leser unterworfen sind – genau diese Form von Kurzfuttermedienwelt, die ihn, den Kapitalismus, wiederum stützt und zementiert.