Am 5. Dezember 2023 war es wieder einmal so weit: Die Ergebnisse der regelmässig weltweit durchgeführten “Pisastudie” wurden präsentiert. Nun weiss jedes Land wieder auf den Rangplatz genau, wo es im Vergleich zu den anderen Ländern steht und ob es zu den “Siegern” oder den “Verlierern” gehört.
Doch der Pisa-Ländervergleich ist ebenso absurd wie das schulische Notensystem. Man könnte selbst aus Menschen mit dem exakt gleichen IQ eine Rangliste erstellen, weil es immer noch winzigste Unterschiede gibt zwischen den “Besseren” und den “Schlechteren”. Ranglisten sagen nichts aus über tatsächlich vorhandene Kompetenzen, sondern nur darüber, um wie viel besser oder schlechter diese sind im Vergleich mit anderen. Doch so absurd solche Ranglisten sind, so fatal sind ihre Auswirkungen. Sie befeuern einen Konkurrenzkampf aller gegen alle, bei dem es schon längst nicht mehr um das Wohl von Kindern und Jugendlichen geht, sondern nur noch darum, welches Land die besten Resultate erzielt und sich gegenüber den anderen als “Sieger“ fühlen kann. Wohin das führt, sehen wir am besten am Beispiel von Singapur, das regelmässig auf Platz eins oder zwei des Pisa-Ländervergleichs anzutreffen ist. Und das ist der Preis, den die Kinder und die Jugendlichen dafür zu bezahlen haben: Unerbittlicher Drill im Schulunterricht, der Verlust jeglicher ursprünglicher Lernfreude, privater Nachhilfeunterricht schon für Grundschulkinder nicht selten bis 23 Uhr, keine Zeit für Erholung und lustvolle Freizeitbetätigung, massive Zunahme von Depressionen, die weitaus höchste Suizidrate bei Jugendlichen seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 2000. Kann es allen Ernstes im Interesse unseres Bildungssystems liegen, solchen „Vorbildern“ nachzueifern?