Chinas Zwölfpunkteplan: ein taugliches Mittel zu einer baldmöglichsten Beilegung des Ukrainekonflikts – eine Chance, die sich niemand entgehen lassen sollte…

 

Als China am 24. Februar 2023 seinen Friedensplan für die Beilegung des Ukrainekonflikts vorlegte, reagierte die westliche Presse unverzüglich skeptisch bis ablehnend. So etwa setzte der “Tagesanzeiger” das Wort “Friedensplan” in Anführungsstriche, um damit China zu unterstellen, es mit seinem diplomatischen Vorstoss gar nicht wirklich ernst zu meinen. Allerdings versäumte es der “Tagesanzeiger”, auf die zwölf Punkte des Friedensplans im Einzelnen einzugehen. Auch die “NZZ” fand es nicht nötig, den chinesischen Friedensplan im Detail zu erläutern und meinte stattdessen bloss, das Papier enthalte “nichts Konkretes, was über die von Putin geäusserten Statements hinausgeht” und sei bloss ein “raffinierter Schachzug Chinas”.  Und die “Frankfurter Rundschau” beschränkte sich in ihrer Berichterstattung auf einen einzigen der zwölf Punkte des chinesischen Friedensplans. Nicht anders tönt es einen Monat später, anlässlich des Besuchs von Chinas Staatspräsident Xi Jinping in Moskau. “Putin und Xi”, so das “Tagblatt am 22. März 2023, “begraben die Hoffnungen des Westens”. Westliche Beobachter, so das “Tagblatt”, sähen Chinas Plan nicht in Richtung Frieden, stattdessen würden die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine als zerstört manifestiert und Russland würde für seinen Angriff mit Gebietsgewinnen belohnt. Und der “Tagesanzeiger” titelt anlässlich des chinesischen Staatsbesuchs in Moskau, die “Gesten” seien “gross”, “die Worte schwammig”. Der chinesische Besucher helfe Putin, diesem zu zeigen, dass er mit seiner “antiwestlichen Weltsicht nicht alleine” dastehe.

Statt ellenlange Artikel über das angeblich im gleichen Boot wie Russland sitzende China zu schreiben, hätte die westliche Presse viel besser daran getan, den chinesischen Friedensplan im Detail zu veröffentlichen, damit sich die Bürgerinnen und Bürger des “freien” Westens selber dazu eine Meinung hätten bilden können – statt das Papier in Bausch und Bogen zu zerzausen, ohne sich im Einzelnen objektiv und unvoreingenommen damit auseinandergesetzt zu haben. 

Nun, was beinhalten die zwölf Punkte des chinesischen Friedensplans? Erstens: Das allgemein anerkannte Völkerrecht muss strikt eingehalten werden. Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit aller Länder muss wirksam gewahrt werden. Alle Parteien sollten gemeinsam die grundlegenden Normen für die internationalen Beziehungen aufrechterhalten und für internationale Fairness und Gerechtigkeit eintreten. Zweitens: Die Sicherheit eines Landes sollte nicht auf Kosten anderer Länder angestrebt werden. Die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden. Die legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder müssen ernst genommen und angemessen berücksichtigt werden. Alle Parteien sollten gemäss der Vision einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit und mit Blick auf den langfristigen Frieden und die Stabilität in der Welt dazu beitragen, eine ausgewogene, effektive und nachhaltige europäische Sicherheitsstruktur zu schaffen. Drittens: Der Dialog sollte so schnell wie möglich aufgenommen werden, um die Situation schrittweise zu deeskalieren und schliesslich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen. Viertens: Dialog und Verhandlungen sind die einzige praktikable Lösung für die Ukrainekrise. Alle Bemühungen, die zu einer friedlichen Beilegung der Krise beitragen, müssen gefördert und unterstützt werden. Fünftens: Humanitäre Massnahmen müssen gefördert und unterstützt werden. Humanitäre Massnahmen sollten den Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit folgen und humanitäre Fragen sollten nicht politisiert werden. Sechstens: Die Konfliktparteien sollten sich strikt an das humanitäre Völkerrecht halten, Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen vermeiden, alle Opfer des Konflikts schützen und die Grundrechte der Kriegsgefangenen achten. Siebtens: Bewaffnete Angriffe auf Kernkraftwerke sind zu unterlassen. Achtens: Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt und Atomkriege dürfen nicht geführt werden. Die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen sollte abgelehnt werden. China lehnt zudem die Erforschung, Entwicklung und den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen durch jedes Land unter allen Umständen ab. Neuntens: Getreideexporte müssen erleichtert werden, um die globale Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Zehntens: Einseitige, vom UNO-Sicherheitsrat nicht genehmigte Sanktionen müssen aufgehoben werden. Elftens: Industrie- und Lieferketten müssen aufrechterhalten und der Erhalt des weltweiten Wirtschaftssystems muss gewährleistet werden. Die Weltwirtschaft darf nicht als Werkzeug oder Waffe für politische Zwecke benutzt werden. Zwölftens: Die internationale Gemeinschaft muss Massnahmen ergreifen, um den Wiederaufbau im Konfliktgebiet zu unterstützen. China will dabei eine aktive Rolle spielen.

Nur schon der erste Punkt – die Souveränität aller Länder müsse gewährleistet werden – zeigt, dass die Behauptung westlicher Politiker und Medien, wonach der chinesische Friedensplan die Souveränität der Ukraine zerstören wolle, eine glatte Lüge ist – das Gegenteil ist der Fall! Auch die übrigen Forderungen könnten ausgewogener und unparteiischer nicht sein. Sie bilden eine gute Grundlage dafür, dass die Konfliktparteien überhaupt erst einmal miteinander ins Gespräch kommen. Die zwölf Punkte sind ja nicht in Stein gemeisselt und können im Verlaufe möglicher Gespräche falls nötig immer noch modifiziert werden. Wenn westliche Politiker und Medien jetzt schon aus allen Rohren gegen die Friedensbemühungen Chinas schiessen, dann sagt das über diese Politiker und Medien nicht viel Gutes aus und deutet darauf hin, dass sie ein weitaus grösseres Interesse daran haben, diesen Krieg bis zum bitteren Ende weiterzuführen, statt wenigstens den Strohhalm eines möglichen Schrittes in Richtung Frieden und Aussöhnung zu ergreifen.