18. Montagsgespräch vom 10. März 2025: Sollte das Bargeld abgeschafft werden?

Wird das Bargeld verschwinden? Und was für Folgen hätte dies? Darüber wurde am 10. März im Rahmen des 18. Buchser Montagsgesprächs diskutiert. Mit dabei war auch Eric Zaindl, Ökonom, Unternehmer und Autor des Buches „Eine Welt ohne Geld?“, der sich seit vielen Jahren mit der Entstehung des Geldes und seiner Rolle in Wirtschaft und Alltagsleben beschäftigt.

Niemand in der Runde wünschte sich eine gänzliche Abschaffung des Bargeldes. Würde Geld nur noch digital verwendet, könnte es zu einem enormen Autonomieverlust des einzelnen Bürgers und der einzelnen Bürgerin kommen, zu einer Machtkonzentration und der Steuerung und Kontrolle des gesamten Geldsystems in der Hand einiger weniger globaler Konzerne oder, wenn die Staatsmacht diese Aufgabe übernähme, zu einer permanenten Überwachung des Alltagslebens, wie man das am Beispiel von China sehen könne, wo durch Videoüberwachung und KI-gesteuerter Gesichtserkennung erfasstes „Fehlverhalten“ mit finanziellen Einbussen bestraft werde.

Ein ausschliesslich digitales Geldsystem sei auch für technische Störungen, Hackerangriffe oder Auswirkungen von Naturkatastrophen oder weltpolitischen Umwälzungen viel anfälliger. Zudem würden digitale Bezahlmöglichkeiten dazu verleiten, zu schnell und unüberlegt Geld auszugeben und sich auf diese Weise zu verschulden.

Mehrfach wurde aber auch darauf hingewiesen, dass bargeldloses Zahlen vieles vereinfache und gewisse Kosten wie das Herstellen von Bargeld einsparen könne. Es wäre aber wohl, so die übereinstimmende Meinung der Anwesenden, mit viel zu grossen Gefahren verbunden, auf Bargeld gänzlich zu verzichten. Deshalb begrüsse man die kürzlich zustande gekommene Bargeldinitiative, welche verlangt, dass Bargeld nicht wegdigitalisiert werden dürfe.    Eric Zaindl vermittelte abschliessend einen interessanten Einblick in die Entstehung des heutigen Geldsystems. Noch im 17. Jahrhundert hätten die damaligen Königshäuser jeweils eigene, quasi dezentralisierte Zahlungssysteme in der Art von Münzen, etc. gehabt. Erst nach und nach sei ein zentralisiertes Geldsystem aufgebaut worden. Dieses ursprünglich zur Sicherung der Lebensverhältnisse geplante, gerecht verteilte „Bürgergeld“ habe sich aber im weiteren Verlauf immer mehr in ein Machtmittel transformiert, das sich bis heute in immer grösserer Menge bei einer immer kleineren Anzahl von Reichen und Mächtigen konzentriere und zu einer Art modernen „Sklaventums“ geführt habe, in dem jene, die viel Geld besitzen, über jene bestimmen und entscheiden, die wenig oder gar kein Geld besitzen. Lokale und regionale Währungen, wie sie zurzeit da und dort wieder am Entstehen seien, könnten ein mögliches Gegengewicht zu dieser Entwicklung bilden. Lohnen könnte sich, so Zaindl, auch der hypothetische Blick in eine Welt, in der es gar kein Geld mehr gäbe, mit einer zugrundeliegenden, zeitgerechten Neuausrichtung über alle Lebensbereiche. Ein Diskussionsansatz, der anlässlich eines weiteren Montagsgesprächs vertieft werden soll.

17. Montagsgespräch vom 10. Februar 2025: Soll TikTok verboten werden?

Dieser Artikel wurde von Laura Alilovic, freier Mitarbeitern der Lokalzeitung „W&O“, verfasst.

Mitglieder des Buchser Jugendrats diskutierten mit weiteren Interessierten über TikTok. In Australien wurde die Nutzung der Internetplattform für unter 16-Jährige verboten, in den USA drohte zu Beginn dieses Jahres ebenfalls ein TikTok-Verbot. Auch in der Schweiz sprechen sich gemäss einer Umfrage 78 Prozent der Bevölkerung für ein Verbot von TikTok für Kinder aus. Doch ist die Plattform tatsächlich so gefährlich? Was meinen die Jugendlichen selbst dazu?

Vier der sechs anwesenden Jugendratsmitglieder nutzen TikTok aktiv. Sie berichteten darüber, wie sie durch die App Englisch gelernt, Freunde gefunden und neue Interessen entdeckt haben. TikTok sei auch der Ort, an dem sie sich am meisten über das Weltgeschehen informieren. «Durch die Kurzvideos bekommt man sehr schnell sehr viele Informationen», erklärte Fadri Michel. Auch seien die Informationen oft vielseitiger als in anderen Medien. «Wenn es Social Media nicht gegeben hätte, hätte ich kaum mitgekriegt, was in Palästina passiert, da in unseren Medien sehr wenig darüber berichtet wird», so Mohammed Bijo. Doch nicht für alle überwiegen die Vorteile. «Ich benutze kein TikTok mehr, denn es macht zu stark süchtig», erzählte Amy Wood. Ausserdem bemerkte sie, wie schädlich das Ansehen von Kurzvideos sich auf die Aufmerksamkeitsspanne auswirke. Es falle einem dadurch viel schwerer, beispielsweise in längeren Konversationen aufmerksam zu bleiben. Auch Silas Gall verwendet TikTok nicht. Doch wenn er ein Business hätte, würde er die Plattform durchaus für Marketing nutzen. Zu diesem Zweck, gestand er ein, eigne sich TikTok ausgezeichnet.

Kurzvideos, von 10 Sekunden bis zu wenigen Minuten, seien laut zahlreichen Studien besonders schädigend für das Gehirn. Der Konsum führe zu Konzentrations- und Verhaltensveränderungen. Das Gehirn werde durch den schnellen Informationsfluss komplett überfordert, was sich insbesondere bei Jugendlichen, die sich noch in einer psychischen Entwicklungsphase befänden, bedeutende Auswirkungen habe. Zudem hätte das Format sehr hohes Suchtpotenzial. «Viele Fachleute forschen tagtäglich daran, wie man Nutzer süchtiger machen kann. Und die klugen Köpfe, die sich das ausdenken, schicken ihre Kinder währenddessen auf Schulen, wo man nicht einmal Handys benutzen darf», mahnt einer der älteren Teilnehmer. Der Algorithmus sei so ausgelegt, dass er den Nutzern genau auf sie zugeschnittene Inhalte präsentiere, um so möglichst lange ihre Aufmerksamkeit zu behalten. Doch das Suchtpotenzial sei nicht die einzige Gefahr, die vom TikTok-Algorithmus ausgehe, findet Silas Gall: «Durch den Algorithmus entstehen auch gefährliche politische Bubbles.» Er ist nicht der Einzige, der sich über diese politischen «Gesinnungsblasen» sorgt. Man verliere dadurch auf lange Zeit die Fähigkeit, Dinge zu hinterfragen und sich mit Andersdenkenden auszutauschen. Deshalb sei es wichtig, nicht nur TikTok, sondern diverse Medien zur Meinungsbildung zu verwenden.

Ein TikTok-Verbot für unter 16-Jährige hielten dennoch die meisten Diskussionsteilnehmer für keine gute Option. «Wenn man es verbietet, gehen die Leute einfach auf eine andere Plattform», so Mohammed Bijo. Silas Gall schlug alternativ ein allgemeines Kurzvideo-Verbot vor. Die Teilnehmenden waren sich jedoch einig, ein TikTok-Verbot wäre schwierig umzusetzen, leicht zu umgehen und ein grober staatlicher Eingriff. Stattdessen sei ein Appell an die Eltern der Jugendlichen nötig. Die Eltern seien dafür verantwortlich, ihre Kinder zu schützen, zu begleiten und ihnen beizubringen, kritisch zu denken. Dazu brauche es aber zuerst Elternbildung. Durch Weiterbildung solle die Gesellschaft auf neue Herausforderungen vorbereitet und aufgeklärt werden, bevor zu Verboten gegriffen wird.

16. Montagsgespräch vom 13. Januar 2025: Ist Feminismus nur etwas für Frauen?

Am 16. Buchser Montagsgespräch vom 13. Januar wurde die Frage diskutiert, ob Feminismus nur etwas für Frauen sei oder sich vermehrt auch Männer für feministische Anliegen einsetzen sollten. Zu dieser Frage zeigte sich schon zu Beginn der Diskussion ein klarer Konsens: Da es sich bei frauenspezifischen Anliegen stets auch um gesamtgesellschaftliche Fragen handle, in denen nicht nur Frauen, sondern immer auch Männer bestimmte Rollen einnehmen und auf irgendeine Weise mitbeteiligt seien, sei es nur logisch, dass sich auch Männer an den entsprechenden Veränderungsprozessen beteiligen müssten. Passives Verhalten, Schweigen oder Wegschauen, so eine Votantin, würde nichts anderes bedeuten als eine Zustimmung zur bestehenden Realität, in der Frauen auch heute noch zahlreichen Diskriminierungen unterworfen seien.

Eine ältere Diskussionsteilnehmerin erinnerte daran, dass soziale Errungenschaften, die heute als selbstverständlich gelten, nie von selber gekommen seien, sondern stets hart hätten erkämpft werden müssen. So etwa sei das neue Eherecht, welches den Frauen unter anderem erlaubt, ein eigenes Bankkonto zu eröffnen und auch ohne Zustimmung des Ehemannes einen Arbeitsvertrag abzuschliessen, erst im Jahre 1985 in Kraft getreten, was eine jüngere Diskussionsteilnehmerin zunächst fast nicht glauben konnte. Noch heute werde, so eine andere Diskussionsteilnehmerin, Feminismus von einem Teil der Männer als etwas Bedrohliches empfunden, doch gehe es nicht um einen Machtkampf zwischen den Geschlechtern, sondern nur um die gleichberechtigte, geschlechterunabhängige Teilhabe im Rahmen der elementaren Menschenrechte.

Ausgiebig wurde über die unterschiedliche Wertung und Wertschätzung diskutiert, welche mit mehrheitlich eher von Männern oder eher von Frauen ausgeübten Berufen verbunden ist. So höre man immer wieder die Aussage, eine Frau, die keinen bezahlten Job ausübe, arbeite nicht, sondern mache „nur“ den Haushalt oder kümmere sich „nur“ um ihre Kinder, obwohl doch gerade Haus- und Familienarbeit überaus wichtige Aufgaben seien und sogar die eigentliche Basis dafür bilden würden, um das bestehende Wirtschaftssystem aufrechtzuerhalten.

Ein weiteres Diskussionsthema bildeten die von der Wirtschaft vorgegebenen Rahmenbedingungen. Viele Männer würden gerne Teilzeit arbeiten und sich vermehrt am Haushalt und an der Kindererziehung beteiligen, was aber von zahlreichen Arbeitgebern gar nicht zugelassen würde. Auch würde die Tatsache, dass viele eher von Frauen ausgeübten Berufe schlechter bezahlt werden, einen Hemmschuh bilden für partnerschaftliche Lösungen, denn sie zwängen die Männer, um den Lebensunterhalt der Familien bestreiten zu können, zu grösseren Arbeitspensen.

Ein junger Familienvater wünschte sich gesellschaftliche Rahmenbedingungen, unter denen man nicht schon von klein auf in bestimmte Rollenmuster und Abhängigkeiten hineingedrängt werde, sondern unabhängig vom Geschlecht frei und selbstbestimmt aufwachsen könne.

15. Montagsgespräch vom 9. Dezember 2024: Was brächte ein bedingungsloses Grundeinkommen?

Das 15. Buchser Montagsgespräch befasste sich mit der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens, das jedem Bürger und jeder Bürgerin unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage in Form einer gesetzlich festgelegten, vom Staat ausbezahlten finanziellen Zuwendung ohne Gegenleistung zur Verfügung stehen würde. Über die Einführung eines solchen BGE wurde in der Schweiz – im Jahre 2016 – bereits einmal abgestimmt, die Vorlage erhielt eine Zustimmung von immerhin 23 Prozent.

Eingangs stellte Markus Härtl, der sich seit Jahren in der Schweiz, in Liechtenstein und Deutschland für die Einführung eines BGE einsetzt, die möglichen Vorzüge eines solchen Grundeinkommens vor. Ein BGE würde unabhängig von äusseren Umständen eine lebenslange Existenzsicherung garantieren und damit auch eine uneingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe. Es würde die Selbstbestimmung fördern, weil niemand mehr gezwungen wäre, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, die mit schlechten Arbeitsbedingungen und zu niedriger Entlohnung verbunden ist. Und es würde all jene heute noch unentgeltlichen Care-Arbeiten entschädigen, ohne welche eine Gesellschaft nicht überlebensfähig ist. Zudem würde es zu einem Abbau der Bürokratie führen, die heute noch für Kontrollen, Abklärungen und Zuweisungen zu den unterschiedlichen Sozialleistungen notwendig ist.

Weitere Vorteile eines BGE wurden in der folgenden Diskussion genannt. Ein BGE würde zu einer Umverteilung in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit führen. Der durch KI und andere technologische Entwicklung zu erwartende Verlust an Arbeitsplätzen könnte besser aufgefangen werden. Wichtige Gesellschaftsbereiche wie Kultur, Bildung und politische Arbeit bekämen einen höheren Stellenwert.

Es tauchten in der Diskussion aber auch einige offene Fragen auf: Wie könnte die Finanzierung eines BGE langfristig gesichert werden? Besteht angesichts der herrschenden politischen Machtverhältnisse und einer anhaltenden Sparpolitik nicht die Gefahr, dass ein BGE auf das absolute Minimum gedrückt würde und man dann am Ende schlechter dastehen würde als mit den heutigen Sozialleistungen? Ist es fair, wenn ein Konzernchef, der heute schon mehrere Millionen Franken pro Jahr verdient, zusätzlich ein von der Allgemeinheit finanziertes BGE bekäme?

Eine immer wieder gehörte kritische Frage zum BGE ist, ob die Menschen, wenn ihre Existenz gesichert wäre, überhaupt noch einer Erwerbsarbeit nachgehen würden. Die Befürworterinnen und Befürworter eines BGE gehen davon aus – und dem wurde eigentlich nicht widersprochen –, dass Menschen grundsätzlich gerne arbeiten und einen Beitrag zur Gesellschaft leisten möchten. Allerdings müssten dann die Arbeitsbedingungen so ausgestaltet sein, dass Arbeiten grundsätzlich Freude macht und nicht mit unnötigem Stress, Fremdbestimmung und fehlender Wertschätzung verbunden ist – genau dies wäre aus Sicht der Befürworterinnen und Befürworter eine wünschbare Konsequenz, die sich aus der Einführung eines BGE ergeben müsste.

14. Montagsgespräch vom 11. November 2024: Die schweizerische Asylpolitik in der Diskussion – Türen öffnen statt Feindbilder aufbauen

Thema des 14. Buchser Montagsgesprächs vom 11. November war die schweizerische Asylpolitik. Eingeladen zu diesem Anlass waren auch zwei Flüchtlinge aus Pakistan und Äthiopien, die zurzeit im kantonalen Ausreise- und Nothilfezentrum Sonnenberg in Vilters leben, sowie die Präsidentin und eine weitere Mitarbeiterin des Solidaritätsvereins Sevelen.

Wie zu erfahren war, leben im Zentrum Sonnenberg Flüchtlinge, deren Gesuch um ein Bleiberecht in der Schweiz abgewiesen wurde, die aber aufgrund schwieriger Umstände nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Dies bedeute für viele ein jahrelanges Verharren in völliger Perspektivenlosigkeit, ohne Geld, ohne Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung und in beständiger Angst vor einer gewaltsamen Ausschaffung.

Es wurde diskutiert, ob die Schweiz nicht schon zu viele Flüchtlinge aufgenommen hätte. In Anbetracht der Tatsache, dass auf 100 Bewohnerinnen und Bewohner nur ein einziger anerkannter Flüchtling kommt – in Deutschland beispielsweise sind es 3,7 – könne man, so eine Diskussionsteilnehmerin, diese Frage wohl eher verneinen. Eine andere Gesprächsteilnehmerin meinte, sie hätte oft Angst, sich an Orten aufzuhalten, wo es viele Flüchtlinge gäbe, eine Aussage, der eine andere Votantin deutlich widersprach, indem sie berichtete, sie hätte sich schon oft an solchen Orten aufgehalten, es sei ihr aber noch nie etwas passiert.

Ein Diskussionsteilnehmer wies darauf hin, dass der Anteil von Ausländern in den Gefängnissen ausserordentlich hoch sei, dem wurde aber entgegen gehalten, dass die weit überwiegende Mehrheit der Ausländerinnen und Ausländer noch nie ein Delikt begangen hätten und dass man negative Meldungen oft zu sehr in den Mittelpunkt stelle. So etwa wurde erwähnt, dass von den insgesamt 36‘000 in der Schweiz lebenden Afghaninnen und Afghanen nur von zwei Personen innerhalb eines halben Jahres eine schwere Straftat begangen worden sei, dies aber in der öffentlichen Wahrnehmung weitaus mehr Gewicht hätte als die Tatsache, dass weit über 99 Prozent dieser Personengruppe im gleichen Zeitraum kein einziges Delikt begangen hätten. Trotzdem müsse man, so wurde erwähnt, die abwehrende Haltung vieler Einheimischer ernst nehmen und offen darüber diskutieren, denn oft spielten dabei eigene Zukunftsängste eine wichtige Rolle.

Unmut äusserte eine Diskussionsteilnehmerin darüber, dass die grosszügige Aufnahmebereitschaft gegenüber Flüchtlingen aus der Ukraine in keinem Verhältnis stünde zu jener gegenüber Flüchtlingen aus anderen Ländern.

Die Bemühungen um Integration, so ein weiteres Votum, könnten nicht alleine von den ausländischen Menschen verlangt werden, auch die einheimische Bevölkerung müsse ihren Teil dazu beitragen, zum Beispiel dadurch, dass man vermehrt die eigenen Türen öffne und diese Menschen am Alltag teilnehmen lasse, statt sie auszugrenzen und aufgrund vereinzelter schlechter Erfahrungen zu einseitige Vorurteile gegen sie aufzubauen.

12. Montagsgespräch vom 9. September 2024: Rückblick auf die Coronakrise und was wir daraus gelernt haben könnten…

Am 12. Buchser Montagsgespräch vom 9. September wurde der Frage nachgegangen, inwieweit sich der Graben quer durch die Bevölkerung, der zur Zeit der Coronakrise zwischen Befürwortern und Gegnern von Impfungen und Schutzmassnahmen entstanden war, in der Zwischenzeit wieder überwunden werden konnte und was man im Rückblich aus dieser Krise gelernt haben könnte.

Übereinstimmend wurde gesagt, dass es schon von Anfang an zu einer Spaltung innerhalb der Bevölkerung gekommen sei. Es hätte sozusagen eine „offizielle“, „staatliche“ Sicht der Dinge gegeben, auf der anderen Seite all jene, welche darauf mit Misstrauen reagierten. Eine differenzierte Diskussion sei kaum mehr möglich gewesen, entweder hätte man sich zum einen Lager bekannt oder zum anderen, es sei zu einem eigentlichen Glaubenskrieg gekommen. Dabei hätten, wie mehrfach geäussert wurde, die Medien eine wichtige Rolle gespielt: Sie hätten kaum Positionen andersdenkender Fachpersonen zugelassen und häufig vor allem jenen Stimmen das Wort gegeben, welche gegen Andersdenkende aufhetzten, was die Spaltung zusätzlich verstärkt habe. Trotz alledem hätte die Schweiz, so betonte ein Gesprächsteilnehmer aus Frankreich, die Krise im Vergleich zu vielen anderen Ländern relativ human und massvoll bewältigt.

Ein Diskussionsteilnehmer erinnerte an die drei G: Geimpft, genesen oder gestorben. Er hätte ein viertes G vermisst: Gesund. Man hätte viel zu wenig darüber gesprochen, wie man das eigene Immunsystem besser stärken könnte, um auf diese Weise nicht nur vor einer Ansteckung durch das Coronavirus, sondern ganz allgemein gegen Krankheiten besser geschützt zu sein. Keiner und keine in der Runde, die sich nicht impfen liessen, bereute dies aus heutiger Sicht, sondern würde es wieder genau gleich machen.

Nicht zuletzt sei es in der Coronakrise auch um Geld gegangen. Einige, besonders die Pharmaindustrie, hätten massiv profitiert, andere hätten erheblich unter Einbussen gelitten. Solche Krisen lägen auch, wie ein Diskussionsteilnehmer meinte, im Interesse des kapitalistischen Wirtschaftssystems, denn der Kapitalismus brauche immer wieder neue „Nahrung“, wie man das auch bei jedem Krieg sehen könne: Bei der Zerstörung profitiere die Rüstungsindustrie, beim Wiederaufbau Bau-, Technologie- und Energieunternehmen.

Etwas vom Wichtigsten, was man aus der Coronakrise lernen könnte, so eine mehrfach geäusserte Meinung, sei die Bedeutung des Dialogs zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen. Gegenseitiges Ausgrenzen und Feindbilder seien schädlich für die Demokratie, welche ja gerade davon lebe, dass es in jeder Gesellschaft unterschiedlichste Denkweisen gibt, nicht nur zu diesem Thema. Wahrheit sei nicht etwas, was die eine oder die andere Gruppe für sich alleine in Anspruch nehmen könne, sondern nur etwas, dem man sich gemeinsam und mit Respekt gegenüber anderen Sichtweisen schrittweise annähern könne, indem man sich wieder gegenseitig die Hand reiche.

11. Montagsgespräch vom 12. August 2024: SRG-Halbierungsinitiative – wer würde profitieren, wer nicht?

Leider hat an diesem Montagsgespräch nur eine einzige Person teilgenommen – wahrscheinlich war es einfach zu heiss und man wollte lieber irgendwo gemütlich im Schatten sitzen… Somit entfällt ein ausführlicherer Bericht mit kontroversen Gesichtspunkten zu diesem Thema, ebenso wie der übliche Zeitungsartikel. Stattdessen an dieser Stelle zwei Wortmeldungen, die mir im Vorfeld des Anlasses zugestellt worden sind. EG schreibt: „Ich würde es sehr schlimm finden, wenn die Initiative angenommen würde. Die möglichst unabhängige Berichterstattung muss erhalten bleiben.“ JB schreibt: „Ich finde die Abgabe ohnehin sehr unsozial. Denn jeder Haushalt ob reich oder arm muss genau gleich viel bezahlen. Da es jeder bezahlen muss, wäre die richtige Konsequenz, dass die Kosten vollständig vom Bund übernommen werden. Damit wäre auch das Thema vom Tisch, welche Unternehmen beitragen müssen und welche nicht. Es wäre ein reiner Service-Public. Natürlich geht dies am Anliegen der Halbierungsinitiative vorbei. Diese wollen die Prämie abschaffen, um das Budget der SRG zu schmälern. Aber der tiefere und eigentliche Grund ist, damit die Privatmedien zu bevorteilen, die man dann mit genügend Geld zusammenkaufen kann. Entsprechende Macht dem Geld, einmal mehr. Diesen letzten Grund sollte man klarer hervorheben. Und daraus ergibt sich das Hauptargument, dass die Presse eine unabhängige neutrale Instanz bleiben muss und nicht in Privathände gehört.“

10. Montagsgespräch vom 1. Juli 2024: Bezahlbarer Wohnraum – zunehmend Mangelware?

„Bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper. Besonders hart trifft es ärmere Haushalte, bei denen die Miete oft das Einkommen bis zur Hälfte auffrisst. Es ist höchste Zeit, dass Bund, Kantone und Gemeinden den Ernst der Lage erkennen.“ Diese Aussage des Caritas-Direktors Peter Lack sowie die Tatsache, dass sich seit den Börsengängen der grossen Immobilienkonzerne vor rund 20 Jahren die Mieten überproportional erhöht haben, bildeten den Ausgangspunkt des 10. Buchser Montagsgesprächs vom 1. Juli, zu dem als Fachpersonen Andreas Schwarz, Buchser Stadtrat und Leiter des Ressorts Bau/Umwelt, Andreas Rohrer, Buchser Ortsgemeindepräsident, Max Altherr, Präsident einer Wohnbaugenossenschaft, sowie die beiden Architekten Timothy Allen und Ronan Crippa eingeladen waren.

Andreas Schwarz betonte, dass trotz anhaltend starken Wachstums im Werdenberg zurzeit noch immer genügend Wohnraum vorhanden sei. Dies aber, so gab Max Altherr zu bedenken, könnte sich schon bald ändern, denn die sich in Zürich abzeichnende Tendenz zu immer stärkerer Verknappung bezahlbaren Wohnraums werde sich früher oder später auch in anderen Regionen der Schweiz zeigen. Altherr habe daher grosse Sympathien für die Haltung der SP-Nationalrätin Jacqueline Badran, welche fordert, dass der Boden, wie früher die Allmende, der Allgemeinheit gehören sollte und alles andere nur „Flickwerk“ sei. Er brachte an, dass die Kommunen aktiver in die Bodenpolitik eingreifen sollten. Mit Vorkaufsrechten und der Abgabe des Bodens im Baurecht könnte gezielt auf die Entwicklung Einfluss genommen werden.

Als weitere Lösungsvorschläge wurden genannt: Einfache Sanierungen anstelle von Luxuslösungen, Einbezug der Bevölkerung in die Ortsplanung, Quersubventionierung von teureren und günstigeren Mieten innerhalb einer Überbauung, Beschränkung der Nutzung eines Einfamilienhauses auf die Zeit, da die Kinder noch zuhause sind.

Im Verlauf der Diskussion wurde immer deutlicher, dass nicht nur Gesetze und Vorschriften angepasst werden müssten, sondern auch das gesellschaftliche Bewusstsein gestärkt werden müsste. Es sollte nicht nur das Individuum im Vordergrund stehen, sondern genauso die Bedürfnisse der Allgemeinheit. So könnte der Fokus auf das gemeinsame Planen von Nachbarschaften gelegt werden, anstatt auf einzelne Bauten. Ob die heutige Gesetzgebung dieser Herausforderung gerecht werden kann, wurde jedoch infrage gestellt. Am Schluss rief Stadtrat Andreas Schwarz die Buchser Bevölkerung auf, sich unbedingt an der E-Mitwirkung zur Revision der Ortsplanung zu beteiligen, die 2027 in Kraft gesetzt werden soll. Auch dieses Montagsgespräch zeigte, wie bereichernd es sein kann, wenn Menschen zusammenkommen, die normalerweise nicht miteinander am gleichen Tisch sitzen, was allen Beteiligten die Möglichkeit eröffnet, neue, bisher noch wenig bekannte Sichtweisen kennenzulernen.

9. Montagsgespräch vom 25. Mai 2024: Für eine gewaltfreie Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts

Im Rahmen der Buchser Montagsgespräche war am 25. Mai Jasr Kawkby, ein in Gaza geborener und heute in Zürich lebender palästinensischer Kinderarzt, im Buchserhof zu Gast. Er zeichnete die Vorgeschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts auf und verlieh seiner Hoffnung auf ein zukünftiges friedliches Miteinander der beiden Völker Ausdruck.

In den Medien, so Kawkby, sei ausführlich über die Terrorattacke der Hamas vom 7. Oktober 2023 berichtet worden, ein Verbrechen, das auch er klar verurteile. Weitaus weniger aber erfahre man über die Vorgeschichte des Konflikts. Damit wolle er, so hielt Kawkby fest, auf keinen Fall die Attacke der Hamas billigen oder rechtfertigen, denn das Töten unschuldiger Menschen sei immer ein Verbrechen, unabhängig davon, von welcher Seite es begangen werde.

Zur Vorgeschichte des Konflikts gehöre ganz wesentlich, so Kawkby, die gewaltsame Vertreibung der arabischen Bevölkerung aus Palästina durch jüdische Siedler ab 1947. Die Sehnsucht nach einem eigenen jüdischen Staat sei nach den Grausamkeiten des Holocaust zwar verständlich gewesen, jedoch hätte dies tragischerweise zu einem erneuten Verbrechen geführt, dieses Mal am arabisch-palästinensischen Volk. Über 700‘000 Menschen seien gewaltsam vertrieben und 530 Dörfer in Schutt und Asche gelegt worden, aufgrund der Forderung des israelischen Staatsgründers David Ben Gurion, wonach in Palästina ein „rein jüdischer Staat“ errichtet worden sollte. Noch heute würden im Westjordanland täglich Menschen aus ihren Häusern vertrieben und an deren Stelle, in Verletzung internationalen Völkerrechts, jüdische Siedlungen erbaut. Und unter den derzeitigen Bombardierungen des Gazastreifens durch die israelische Armee mit bereits über 35‘000 Todesopfern leide das palästinensische Volk in einem noch weitaus grösseren Ausmass denn je zuvor.

In der nachfolgenden Diskussion wies ein Zuhörer darauf hin, dass sowohl die PLO wie auch die Hamas in ihrer Charta die Vernichtung Israels forderten. Selbstverständlich, so Kawkby, sei eine solche extremistische Haltung klar abzulehnen. Aber man dürfe deswegen nicht aus dem Blick verlieren, wie das Ganze angefangen hätte, und da sei nun mal die gewaltsame Vertreibung der arabisch-palästinensischen Bevölkerung aus ihrer Heimat ab 1947 eine historische Tatsache. Seither hätte sich die Gewalt immer weiter gegenseitig aufgeschaukelt. Doch eine Lösung des Konflikts könne nur auf einem gewaltfreien Weg erreicht werden, durch Dialog, aber auch durch internationalen politischen Druck. Wenn dies alles nichts nütze, käme man wohl nicht darum herum, als Druckmittel auch Wirtschaftsboykotte in Erwägung zu ziehen. Auf keinen Fall aber dürfe zu militärischer Gewalt gegriffen werden. Dass dies keine Lösung sei, hätte die Vergangenheit mehr als deutlich gezeigt, es sei höchste Zeit für die langfristige Vision eines friedlichen Miteinanders der beiden Völker.

8. Montagsgespräch vom 6. Mai 2024: Kann mit mehr Waffen mehr Sicherheit geschaffen werden?

Den aktuellen Anlass zum 8. Buchser Montagsgespräch vom 6. Mai bildete der Piranha-Panzer, der am „Buchser Samstig“ vom 8. Juni in der autofreien Buchser Bahnhofstrasse präsentiert werden soll. Darüber hinaus aber wurde auch über die aktuelle europäische Sicherheitslage, das Verhältnis der Schweiz zur NATO sowie über die Frage diskutiert, ob Pazifismus in der heutigen Zeit kein Thema mehr sei.

Was das Verhältnis zwischen Russland und der NATO betrifft, so zeigte sich im Verlaufe der Diskussion, dass die Realität weitaus komplexer sei, als dies durch die Medien im Allgemeinen vermittelt werde. So etwa höre man nur selten davon, dass die USA über weltweit hundert Mal mehr Militärstützpunkte verfügt als Russland und fast alle dieser rund 2000 Basen ringförmig rund um Russland aufgestellt sind, was Bedrohungsängste seitens Russlands durchaus verständlich erscheinen lasse. Auch sei die Ukraine ganz und gar nicht jenes demokratische Musterland, als welches es im Westen dargestellt wird.

Übereinstimmung herrschte darin, dass der beste Schutz des Lebens zweifellos eine Welt ohne Waffen und Kriege wäre, während umgekehrt eine immer grössere Zahl von Waffen auch ein immer grösseres Risiko kriegerischer Auseinandersetzungen in sich berge, und sei es nur durch einen unbeabsichtigten technischen Zwischenfall. Eifrig wurde darüber diskutiert, ob der Krieg in der Natur des Menschen liege oder vielmehr eine Folge nationalistischer Machtansprüche und wirtschaftlicher Interessen sei. Einig war man sich darin, dass jene Menschen, die von Kriegen profitieren, meist nicht die gleichen sind, welche unter ihnen leiden oder ihnen zum Opfer fallen, wie es kürzlich auch in einer öffentlichen Äusserung des amerikanischen Aussenministers Blinken deutlich wurde, der sagte, die Weiterführung des Ukrainekriegs wäre eine gute Sache, weil sie dazu diene, Arbeitsplätze in der US-Rüstungsindustrie zu erhalten.

Eine Annäherung der Schweiz an die NATO wurde skeptisch beurteilt. Mehr könnte erreicht werden, wenn sich die Schweiz auf ihre Rolle als Konfliktvermittlerin und Friedensstifterin zurückbesinnen würde und auf ihr grosses Potenzial an hervorragenden Diplomatinnen und Diplomaten, die schon in vielen Konflikten wertvollste Arbeit geleistet hätten.

Zur Frage, ob die Präsentation eines Panzers im Rahmen des „Buchser Samstig“ eine gute Idee sei, waren, wie zu erwarten, die Meinungen geteilt. Wie man erfahren konnte, war dies ursprünglich gar nicht die Idee des OK gewesen, sondern aus Militärkreisen vorgeschlagen worden. Nach intensiven und durchaus kontroversen Diskussionen sei das OK aber zum Schluss gelangt, dieses Angebot in Anbetracht der Bedeutung der Schweizer Armee nicht ausschlagen zu können. Krieg sei nun einmal eine Realität, das dürfe auch an einem solchen Anlass sichtbar werden. Dem wurde entgegnet, der „Buchser Samstig“ sei hierfür nicht der geeignete Anlass. Wenn sich die Armee der Öffentlichkeit präsentieren wolle, gäbe es hierfür genügend andere Möglichkeiten.

Auf Wunsch stelle ich interessierten Leserinnen und Lesern gerne eine Sammlung von themenbezogenen Zitaten, die man nicht jeden Tag in den Mainstreammedien findet, zu: info@petersutter.ch.