Arbeitsbedingungen der Postautofahrer: Wer profitiert und wer zahlt drauf?

Postautofahrer ist ein anspruchsvoller Job: lange Tage, hoher Zeitdruck – und riesige Verantwortung für die Passagiere. Eine Gruppe Chauffeure beklagt nun die harten Arbeitsbedingungen: «Wir sind teilweise so erschöpft, dass wir die Sicherheit von Kunden und Fahrern nicht mehr gewährleisten können.» Die Chauffeure, die aus Angst um den Job anonym bleiben wollen, stellten dem «Blick» ihre Arbeitspläne zur Verfügung. Diese belegen: Tatsächlich kommen die Fahrer manchmal an ihre Grenzen. So muss etwa ein Chauffeur in Nunningen SO ab dem 1. Juli ganze zwölf Tage am Stück hinter dem Steuer sitzen – ohne auch nur einen freien Tag. Ein normales Privatleben sei so nicht möglich, sagt der Chauffeur. «Es ist uns bewusst, dass eine Folge von zwölf Arbeitstagen eine Belastung für unsere Mitarbeitenden darstellt», heisst es von Seiten der Verantwortlichen von Postauto. Man habe die Planer angehalten, solche Monstereinsätze nach Möglichkeit zu vermeiden. Gleichzeitig sei aber auch klar: Entscheidend seien die Bedürfnisse der Kundschaft – und nicht die der Fahrer…  Andere Fahrer haben Schichten, die sich über fast 14 Stunden erstrecken. So beginnt ein Chauffeur seinen Tag um 5.37 Uhr morgens. Und parkiert das Postauto um 19.13 Uhr am Abend. Zwar gibt es – unbezahlte – Wartezeiten während des Tages. Zu oft verbringen die Fahrer diese Leerzeiten aber neben ihren Fahrzeugen, beklagen sie. Habe man zwischen den Fahrten eine oder zwei Stunden freie Zeit, lohne es sich nämlich in den wenigsten Fällen, die Heimreise anzutreten. «Wir warten manchmal an Orten, wo es keine Toiletten oder Wasser gibt», sagen die unzufriedenen Chauffeure. Und manchmal zerstückeln diese unbezahlten «Pausen» die Dienste fast bis zur Unkenntlichkeit. So ist die Dienstdauer des Einsatzes mit der Nummer 243018 mit 7 Stunden und 36 Minuten angegeben. Im krassen Gegensatz dazu steht die bezahlte Zeit: gerade mal 2 Stunden und 36 Minuten! Konkret: Der Dienst beginnt um 5.47 morgens und dauert bis 7.13 Uhr. Danach hat der Fahrer Pause bis 12.15 Uhr – um dann noch eine knappe Stunde fahren zu dürfen. Nebeneffekt kann dann sogar sein, dass ein Chauffeur nach einem langen Tag nicht auf seine Stundenzahl kommt…

(www.blick.ch)

Vor 1998 – dem Ende der guten alten PTT – wären solche Zustände undenkbar gewesen. Da hatte die Zufriedenheit der Angestellten noch einen mindestens so hohen Stellenwert wie die Zufriedenheit der Kundschaft. Lebensqualität kann sich nur dort bilden, wo alle Beteiligten daraus einen Nutzen ziehen, eine win-win-Situation also. Wenn der öffentliche Verkehr so einseitig kundenorientiert ist und sozusagen diesen Kundinnen und Kunden jeden Wunsch von den Lippen abliest, während jene, welche die entsprechenden Leistungen erbringen müssen, unmenschliche Arbeitszeiten zu ertragen haben und sogar über viele Tage auf ein geregeltes Familienleben verzichten müssen, dann ist etwas ganz Zentrales in Schieflage geraten. Kundinnen und Kunden dürften nur in dem Masse «Könige» und «Königinnen» sein, als es auch die Angestellten sind.