Angst vor einer Revolution mit unabsehbaren Folgen?

«Es ist sicher nicht so, dass viele Menschen in armen Ländern arm sind, weil wir reich sind. Die Welt ist kein Nullsummenspiel, wo der eine gewinnt und der andere verliert.»

(Dina Pomeranz, Wirtschaftsprofessorin und Entwicklungsökonomin an der Universität Zürich, www.srf.ch)

Mehr als erstaunlich, dass angesehene Ökonominnen und Ökonomen in der heutigen Zeit immer noch solchen Unsinn verbreiten können. Die These, wonach es zwischen Reichtum hier und Armut dort keinen Zusammenhang geben soll, kann man nur schon mit einem einzigen Beispiel widerlegen. Nehmen wir ein Smartphone: Der kongolesische Minenarbeiter schürft jene seltenen Metalle aus der Erde, die es für die Herstellung eines Smartphones braucht. Er verrichtet während zwölf oder mehr Stunden pro Tag härteste Arbeit zu einem Hungerlohn, von dem er seine Familie kaum ausreichend ernähren kann. Er lebt in bitterster Armut. Chinesische Fabrikarbeiterinnen setzen die einzelnen Bestandteile des Smartphones zum fertigen Gerät zusammen, eine Arbeit, die während vieler Stunden pro Tag höchste Konzentration und Fingerfertigkeit erfordert. Doch auch sie bekommen dafür bloss einen Lohn, von dem sie höchstens mehr schlecht als recht leben können, nicht selten schlafen sie mit zahlreichen Arbeitskolleginnen in einem einzigen grossen Raum und verfügen praktisch über kein Privatleben. Eines Tages liegt das fertige Smartphone in einem europäischen, japanischen oder US-amerikanischen Geschäft. Und jedes verkaufte Gerät spült ein Vielfaches jenes Geldes, welches der kongolesische Minenarbeiter und die chinesischen Fabrikarbeiterinnen bekommen haben, in die Taschen von Managern, Verwaltungsräten und Aktionären multinationaler Konzerne. Beliebig viele weitere Beispiele liessen sich anfügen, von der Kaffeebohne über Schuhe und Textilien bis hin zu Sportartikeln und Spielwaren, von Tropenfrüchten und Fleischprodukten über Autobatterien bis zu Möbeln und Badezimmereinrichtungen. Beispiele, die uns deutlich machen, wie eng Reichtum auf der einen und Armut auf der anderen Seite miteinander verflochten sind – die beiden Kehrseiten der gleichen kapitalistischen Medaille, deren Grundprinzip die Ausbeutung der arbeitenden Menschen zugunsten einer immer uferloseren Anhäufung von Kapital in den Händen der Reichen und Reichsten ist. Haben Ökonomen und Ökonominnen wie Dina Pomeranz noch nie etwas davon gehört? Oder wollen sie es bewusst nicht wahrhaben? Oder wäre die Wahrheit, käme sie ans Licht, vielleicht zu schmerzlich? Oder hat man gar Angst davor, dass diese Wahrheit eine Revolution mit unabsehbaren Folgen auslösen könnte?