An jedem Geldstück, das wir über den Ladentisch schieben, kleben das Blut, der Schweiss, die Tränen und die Schreie jahrhundertelanger Ausbeutung

 

“Die Schweizer Firma Sogescol FR”, so berichtet die “Wochenzeitung” am 4. November 2021, “kauft einer Plantage in Liberia Kautschuk ab und verkauft diesen anschliessend – zu einem höheren Preis – an einen Kunden in China. Die Preisdifferenz verbleibt in der Schweiz.” Dies ist nur eines von Millionen Beispielen, weshalb die Schweiz so reich ist, wie sie ist. Und dennoch hält sich das Märchen, wonach die Schweiz nur dank der “Freien Marktwirtschaft” so reich sei und die ärmeren Länder ebenso reich sein könnten, wenn sie nur ebenfalls das System der “Freien Marktwirtschaft” einführen würden, hartnäckigst am Leben. Die Wahrheit ist, dass die Schweiz zwar tatsächlich dank der “Freien Marktwirtschaft” bzw. dank dem kapitalistischen Wirtschaftssystem so reich ist, aber eben nur deshalb, weil so viele andere Länder der Welt viel ärmer sind. So erwirtschaftet die Schweiz im Handel mit den sogenannten “Entwicklungsländern” gemäss Entwicklungsorganisation Oxfam einen fast 50 Mal höheren Gewinn, als sie diesen Ländern in Form von “Entwicklungshilfe” wieder zurückerstattet. Was in keinem Schulbuch steht, aber bittere Realität ist: Wir leben immer noch zutiefst im Zeitalter des Kolonialismus, der mit dem Sklavenhandel begann und auf Millionen verschlungener, unsichtbarer Wege bis in unsere Tage fortdauert. An jedem Geldstück, das wir über den Ladentisch schieben oder das unser Bannkonto füllt, kleben das Blut, der Schweiss, die Tränen und die Schreie jahrhundertelanger Ausbeutung der Armen durch die Reichen. Und diese Ausbeutung geschieht nicht nur zwischen den reichen und den armen Ländern, sie geschieht ebenso gnadenlos zwischen den Armen und den Reichen in jedem einzelnen Land des globalen Kapitalismus, wo – als wäre es ein Zufall – die Kluft zwischen Arm und Reich immer noch grösser und grösser wird. Was nichts anderes heisst, als dass die Arbeiterinnen und Arbeiter in den kapitalistischen Ländern des Reichtums und jene in den armen Ländern des Südens die Opfer des gleichen kapitalistischen Ausbeutungssystems sind. Erst wenn diese Zusammenhänge aufgedeckt werden, erst wenn die Wahrheit ans Licht kommt, dass extremer Reichtum nur möglich ist dank extremer Armut, erst wenn in unseren Schulbüchern nicht nur das ABC der Buchstaben, sondern auch das ABC des Kapitalismus gelehrt wird, erst dann besteht die Hoffnung, dass der Kapitalismus und alle mit ihm verbundenen Formen der Ausbeutung überwunden werden können, um einem neuen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell Platz zu machen, in dem jegliche Ausbeutung ein Ende hat und ein gutes Leben für alle Menschen, im Einklang mit sich selber, wie auch im Einklang mit der Natur und den Lebensbedürfnissen zukünftiger Generationen Wirklichkeit werden kann.