Alle im gleichen Boot

Der Präsident der schweizerischen Vereinigung der selbsteinkellernden Weinbauern, der Genfer Willy Cretegny, ist in einen Hungerstreik getreten. Er will damit auf die verzweifelte Lage der Winzer – infolge der Konkurrenzierung durch überseeische Weine – und der Natur aufmerksam machen. Die Biodiversität verschwinde, die Gletscher schmelzten, ganze Teile der lokalen Wirtschaft brächen weg, schreibt Cretegny in einer Medienmitteilung. Seine Bemühungen, mit den Behörden in einen Dialog zu treten, seien bisher ohne Erfolg geblieben. Seinem Anliegen, die Absurdität der freien Märkte und des Freihandels anzuprangern, sei bisher kein Gehör geschenkt worden. Nun hofft Cretegny, mit dem Hungerstreik die nötige Aufmerksamkeit für die Schwere der Situation zu bekommen.

(www.schweizerbauer.ch)

Nebst dem endlosen Wachstum, dem Konkurrenzprinzip und der betriebswirtschaftlichen Rentabilität ist der so genannte «Freie Markt» die vierte heilige Säule des Kapitalismus. Autos, die in den USA gefertigt wurden, werden nach Europa exportiert. Die Spielsachen der europäischen Kinder stammen aus chinesischen und südkoreanischen Fabriken. Äpfel aus Neuseeland und Südafrika landen in deutschen und Schweizer Supermärkten, Seite an Seite mit Tomaten aus Marokko, Aprikosen und Erdbeeren aus Spanien, Wein aus Kalifornien und Rindfleisch aus Brasilien. Nicht nur eine soziale und gesellschaftliche Katastrophe – für all jene, die in diesem immer mehr sich verschärfenden globalen Verdrängungskampf nicht mehr mitzuhalten vermögen und auf der Strecke bleiben. Auch eine ökologische Katastrophe – durch eine laufend wachsende Warenflut und immer längere Transportwege. Ob der Hungerstreik von Willy Cretegny etwas Grösseres auslösen wird? Ist das vielleicht schon der Zeitpunkt, da sich spätestens auch die Bauern und Bäuerinnen, die Winzer und Winzerinnen, die Schreiner und Schreinerinnen, die Bäckerinnen und Bäcker der Klimabewegung anschliessen werden, sitzen wir doch alle im gleichen – kapitalistischen – Boot unzähliger «Absurditäten», in einem Boot, mit dem wir entweder alle miteinander untergehen oder aber alle miteinander überleben.