Agrarinitiativen: Eigentlich müsste man auch die Konsumentinnen und Konsumenten in die Pflicht nehmen

 

Man fordert von den Bäuerinnen und Bauern, möglichst umweltschonend und ohne chemische Hilfsmittel zu produzieren. Doch die Produktion ist nur ein Teil des Gesamtsystems. Ein anderer, mindestens so wichtiger Teil des Systems sind die Agro- und Lebensmittelkonzerne, die mit der Produktion und dem Handel mit Lebensmitteln ihre Gewinne erwirtschaften. Und schliesslich, als dritter Teil, die Konsumentinnen und Konsumenten. Was für ein Widerspruch: Der Landwirtschaft auferlegt man minutiöse Details bis hin zu geradezu Milliliter genauen Vorschriften, was, wann, wo und wie angepflanzt und geerntet werden darf. Gleichzeitig laufen die Konsumentinnen und Konsumenten sozusagen frei herum, können jederzeit ihre Produkte dort einkaufen, wo sie im Moment gerade am billigsten sind, können so viele Grillpartys schmeissen und so viel Fleisch auf ihre Teller türmen, wie sie nur wollen, können im Supermarkt die Früchte und das Gemüse, das nicht im Hochglanz erstrahlt und nicht perfekt geformt ist, auf dem Gestell liegen lassen, können Äpfel aus Südafrika und Neuseeland kaufen, nur weil sie ein bisschen billiger sind als die schweizerischen, und können sich den Luxus leisten, einen Drittel des Gekauften verschimmeln und ungeniessbar werden zu lassen. Ja, was für ein Widerspruch. Und das alles im Namen einer falsch verstandenen “Freiheit”, bei welcher der Konsument und die Konsumentin ganz zuoberst stehen und alle anderen ihnen zu dienen haben – mit fatalen Auswirkungen auf die Umwelt, auf die Arbeits- und Lebensbedingungen in den ärmeren Ländern und auf die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen. Höchste Zeit, endlich auch die Konsumentinnen und Konsumenten in die Pflicht zu nehmen – bevor sich die heute noch so billigen Preise für Lebens- und Nahrungsmittel, die stets in verschwenderischer Fülle zur Verfügung stehen, in einen so hohen Preis verwandeln, dass wir ihn eines Tages vielleicht auch mit dem dicksten Portemonnaie nicht mehr werden bezahlen können.