Afghanistan: eine der schlimmsten Hungerkatastrophen aller Zeiten – doch die humanitäre Hilfe bleibt aus!

 

Bilder, die man nicht so leicht vergessen kann: Weinende Kinder, verzweifelte Mütter. Afghanistan im Juli 2022. Im Bericht von SRF am 27. Juli 2022 ist die Rede von einer der verheerendsten Hungersnöte, die das Land je erleiden musste. Immer mehr Eltern sehen sich gezwungen, ihre Kinder zu verkaufen, so auch die zehnjährige Amina, deren zukünftiger Mann 20 Jahre älter ist als sie. “Was soll ich tun?”, klagt Aminas Mutter, “wenn ich meine Kinder nicht verkaufe, müssen sie verhungern.” Viele Menschen haben sich zudem verschuldet und brauchen das Geld, um ihre Schulden abzuzahlen. Auch die fünfjährige Sabera wird weggeben, ihre Familie muss gerade mal mit 50 Rappen pro Tag zurechtkommen. Und auch für Saberas Mutter ist klar: Wenn sie das Kind nicht verkaufen kann, muss es verhungern. Immer mehr Familien in den ärmlichen Bergdörfern Afghanistans, wo ein grosser Teil der Bevölkerung in notdürftig gebauten Zelten haust, leiden unter dem gleichen Schicksal: Innerhalb von einem Jahr hat sich der Verkauf kleiner Mädchen verdoppelt. Als die Fernsehreporterin der zehnjährigen Amina die Frage stellt, wann sie ihre Eltern verlassen werde, bricht das Kind in heftiges Schluchzen aus, die ganze himmelschreiende Traurigkeit und Verzweiflung eines zehnjährigen Mädchens, das, wäre es nicht in Afghanistan, sondern hier in der Schweiz geboren worden, nun wohlbehütet aufwachsen, zur Schule gehen und mit anderen Kindern spielen könnte. Und dann wird mitten in die Sendung dieser Satz eingeblendet, der in mir nichts weniger als eine unbeschreibliche Wut auslöst: DIE HUMANITÄRE HILFE BLEIBT AUS. Wie bitte? Wo bleibt der vielgelobte Westen, der angebliche Garant für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte? 20 Jahre lang wurde Afghanistan von den USA und ihren Verbündeten mit Krieg überzogen, 850 Milliarden Dollar liess man sich Tod und Verwüstung kosten. Und jetzt? Einfach nichts? Einfach Funkstille? “Jede Kanone, die gebaut wird”, sagte Dwight D. Eisenhower, “jedes Kriegsschiff, das vom Stapel gelassen wird, jede abgefeuerte Rakete bedeutet letztlich einen Diebstahl an denen, die nichts zu essen haben, frieren und keine Kleidung besitzen. Eine Welt unter Waffen verpulvert nicht nur Geld allein. Sie verpulvert auch den Schweiss ihrer Arbeiter, den Geist ihrer Wissenschaftler und die Hoffnung ihrer Kinder.” Selten fand ich dieses Zitat eines kritischen Geistes, der immerhin als General und später als US-Präsident amtierte, so aktuell wie im Anblick dieses so bitterlich schluchzenden zehnjährigen afghanischen Mädchens. Ja, die buchstäblich verpulverte Hoffnung der Kinder. Hätten die USA jene 850 Milliarden Dollar nicht in Panzer, Raketen und Kampfflugzeuge investiert, sondern in den zivilen Aufbau des Landes, dann hätte genau diese Summe genügt, um jeder afghanischen Familie, die heute mit einem durchschnittlichen Prokopfeinkommen von 410 Dollar über die Runden kommen muss, 20 Jahre lang ihre täglichen Einkünfte mehr als zu verdoppeln. Und keine Mutter, kein Vater wären heute gezwungen, das eigene Kind, um es vor dem Hungertod zu bewahren, an fremde Leute zu verschachern. Und dann haben wir noch nicht einmal von Jemen gesprochen, von Somalia, von der Zentralafrikanischen Republik, vom Tschad, von der Demokratischen Republik Kongo, von Madagaskar – Länder, wo Väter und Mütter nicht einmal die Möglichkeit haben, ihre Kinder durch Verkauf vor dem Hungertod zu retten, weil es schlicht und einfach gar niemanden gibt, der genug Geld hätte, um ein Kind zu kaufen. Derweil die weltweiten Rüstungsausgaben gemäss dem neuesten Bericht des Friedensforschungsinstituts SIPRI das siebente Jahr in Folge gestiegen sind und 2021 ein Rekordhoch von 2113 Milliarden Dollar erreicht haben. Wie viele Mädchen müssen noch so bitterlich weinen wie die zehnjährige Amina oder die fünfjährige Sabera aus Afghanistan, bis endlich all die Energie, all die Kraft, all das Potenzial, all die Phantasie, all der Erfindergeist, all das Prestige und all das Geld, das heute in Tod, Verwüstung und Zerstörung investiert werden, dem Aufbau einer friedlichen und gerechten Welt zugeführt werden, in der nie mehr eine Mutter oder ein Vater das eigene Kind hergeben muss, bloss um es vor dem Hungertod zu bewahren?