China: Vor Erschöpfung am Arbeitsplatz gestorben

996, das steht für neun bis neun Uhr und sechs Tage die Woche – 72 Stunden Arbeit. Das ist für viele Mitarbeitende der chinesischen Technologiefirmen die Schlagzahl. Und für manche ist sie sogar noch höher: In Shenzhen, Peking und Shanghai, den Start-up-Zentren der Volksrepublik, müsste man längst von «9106» sprechen, mit Arbeitszeiten von 9 bis 22 Uhr. Auch der freie Sonntag wird oft zum Arbeiten genutzt… Begonnen hatte die Debatte im Januar, als der Gründer eines E-Commerce-Unternehmens aus Hangzhou unter Pseudonym einen Blogbeitrag veröffentlichte: «Wenn Sie keinen Druck verspüren in ihrem Unternehmen, sollten Sie gehen, da die Firma bald bankrott sein wird.» Gegen dieses 996-Plädoyer formierte sich Protest. Im März startete eine Gruppe von Entwicklern im Netz eine Bewegung unter dem Schlagwort «996. ICU». ICU, das steht für «Intensive Care Unit», weil überarbeitete Beschäftigte auf der Intensivstation des Krankenhauses landen können. Übertrieben ist das nicht, es gab bereits Todesfälle von Angestellten, die vor Erschöpfung am Arbeitsplatz gestorben sind.

(Tages-Anzeiger, 18. Mai 2019)

Früher schickte man die Soldaten aufs Schlachtfeld – heute schicken sie ihre Sportler, ihre Arbeiter, ihre Programmierer in den gegenseitigen globalen Vernichtungsfeldzug. Was für ein Fortschritt…