Dringend nötiger Politikwechsel

«Auf nationaler Ebene hat sich leider noch nicht wirklich etwas getan», gesteht Jann Kessler vom Klimarat Schweiz ein. Ja. Die Mühlen der Politik mahlen langsam. Auch die Gletscherinitiative. Selbst bei einer Annahme der Initiative, so Mitinitiant Marcel Hänggi, würde es noch Jahre dauern, bis tatsächlich etwas Konkretes geschähe. Diese politische Behäbigkeit sei trotz des Auftriebs durch die Klimabewegung die grösste Gefahr. Manche meinten, man müsse vor allem mit Vernunft und Augenmass vorgehen. Aber das verkenne die Dramatik der Situation.

(Wochenzeitung, 15. August 2019)

Zwei Welten prallen aufeinander: Hier die Welt der Jugend, jene Bevölkerungsgruppe, die von der heutigen Klimapolitik am meisten und am längsten betroffen sein wird und die am liebsten schon gestern als heute alles auf den Kopf stellen würde. Ihre Forderungen sind klar. Man könnte sie schon hier und heute in die Tat umsetzen, wenn da nur nicht jene andere Welt wäre. Jene Welt der Realpolitik, in der alles gefühlte hundert Mal länger geht und in der oft von den besten Ideen, wenn sie nur genug lange wie heisse Kartoffeln zwischen den verschiedensten politischen Gremien und Institutionen hin- und hergeschoben werden, am Ende kaum mehr etwas Brauchbares übrigbleibt. Der von der Klimajugend geforderte «Systemwechsel», der sich vor allem an die Wirtschaft richtet, ruft dringend auch nach einem «Politikwechsel»: Entscheide von allgemeiner Dringlichkeit müssten rasch, prioritär, direkt, ohne Umschweife behandelt werden. Der Notarzt, der am Bett eines sterbenden Patienten steht, kann sich auch nicht stunden- oder gar jahrelang überlegen, ob und was für Massnahmen er ergreifen will, um das Leben zu retten.