Parlamentswahlen: Themen im Rampenlicht und Themen im Dunklen

Keine Frage, sowohl der Frauenstreik wie auch die Klimastreikbewegung haben einen enormen Einfluss auf die Schweizer Parlamentswahlen vom 20. Oktober gehabt. Was aber ebenso auffällt, ist, dass andere Themen von mindestens so existenzieller Bedeutung im Vorfeld der Wahlen mehr oder weniger inexistent waren. So etwa die Einkommens- und Vermögensverteilung, die in wenigen Ländern so krass ist wie in der Schweiz: Die höchsten Einkommen übertreffen hier die niedrigsten um das 300fache, der reichste Fünftel der Bevölkerung besitzt 86 Prozent des schweizerischen Gesamtvermögens! Auch dass rund eine halbe Million so genannte Working poor selbst bei voller Erwerbstätigkeit nicht genügend verdienen, um eine Familie ernähren zu können, und dass eine weitere halbe Million nur knapp an der Armutsgrenze leben, war im Wahlkampf kaum je ein Thema. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass körperliche und psychische Erkrankungen infolge des steigenden Drucks und der steigenden Hektik am Arbeitsplatz immer mehr zunehmen. Offenbar wird nur das zum politischen Thema, was sich medial möglichst lautstark in Szene setzt – an alles andere scheint man sich schon dermassen gewöhnt zu haben, dass man es gar nicht mehr wahrnimmt und es gar nicht mehr besonders auffällt, obwohl Hunderttausende von Menschen existenziell davon betroffen sind. Eine verhängnisvolle Entwicklung, die schliesslich dazu führt, dass immer mehr Vergessene und Zukurzgekommene, wie sich auch angesichts der tiefen Wahlbeteiligung am 20. Oktober zeigt, aus allem, was mit Politik zu tun hat, mit der Zeit ausklinken. Ganz so, wie es schon der deutsche Schriftsteller Bertolt Brecht sagte: «Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht und man sieht die im Lichte, doch die im Dunkeln sieht man nicht